Mein Leben als Neo-Vegetarierin

Yummy, Salamipizza! Das denke ich mir immer noch, wenn ich sie rieche und sehe und sie zum Greifen nahe ist. Aber momentan halte ich mich ziemlich problemlos zurück und entscheide mich stattdessen für scharfes Gemüsecurry, cremiges Linsendal mit Spinat oder auch mein momentaner Klassiker: Salat mit warmen Süßkartoffelspalten. Seit exakt 4 Wochen lebe ich nämlich vegetarisch. Essenstechnisch gesehen meine ich. Auf Wolle, Leder und Daunen verzichte ich nicht und werde es voraussichtlich auch nicht. Und habe ich Vegetarier früher verächtlich “Beilagenesser” geschimpft, bin ich mittlerweile überrascht, was für leckere Gerichte sich ohne Fleisch so zaubern lassen. Das muss sich ja jetzt lesen, als hätte ich die letzten Jahre hinterm Mond gelebt, aber ich muss gestehen: Bei mir gab es früher täglich Fleisch! Sei es in Wurstform oder im ganzen Stück.

Über Mirjam bin ich Anfang des Jahres auf einen Test gestoßen, der dir verrät, wie viele Erden es benötigen würde, wenn alle Menschen der Welt genauso leben würden, wie ich. Dabei kam ein erschreckendes Ergebnis heraus: Über 3 Erden wären notwendig, wenn alle so leben würden wie ich. Grund dafür sind bestimmt meine Reisen, Fleischkonsum und das Einkaufsverhalten. Und weil Vegetarismus und Veganismus gerade ziemlich in zu sein scheinen, habe ich mich von dieser Bewegung mitreißen lassen und in der ersten Januarwoche für mich entschieden, dass ich fürs erste diesen Monat komplett auf Fisch und Fleisch verzichte. So schwer kann das ja nicht sein, das Ziel ist kurz gesteckt und immerhin kann ich ja noch immer meinen heißgeliebten Kaiserschmarrn verputzen. Vegetarierin zu werden – und wenn es nur für 1 Monat ist – hat für mich also vor allem ökologische Gründe. Aber mittlerweile würde es mir deutlich schwerer fallen Fleisch zu essen, als weiterhin fleischlos zu essen.

Die ersten Tage waren sehr einfach für mich, denn die Euphorie trieb mich an und ich schwebte in einer gewissensreinen Dunstwolke von einem Bio-Supermarkt zum nächsten vegetarischen Kochbuch. Ich entdeckte Gemüse für mich und Zubereitungsarten, an die ich zuvor nie gedacht hätte und wenn ich damals überzeugt davon war, ich hätte nichts zum Essen zu Hause, bloß weil kein Stück Fleisch in seiner luftdicht verschweißten Plastikpackung auf mich wartet, so bunkere ich jetzt Berge an frischem Gemüse und Obst, Kokosmilch, Couscous, Kichererbsen und Süßkartoffeln in meinem Vorratskammerl, das nur auf mich wartet damit herumzuexperimentieren. Zugegeben, wirklich billiger wurde das Einkaufen nicht, nur weil ich Fleisch und Fisch weglasse. Denn nun kaufe ich ungefähr dreimal so viel Gemüse und Obst und das muss natürlich möglichst Bioqualität haben. Quinoa, Amarant, Hirse, Hafer- und Dinkelflocken, Mandelmus, Hafer- und Mandelmilch – all das kauft man fürs Erste alles ein und dann hat man es daheim und kann es Gramm für Gramm verbrauchen. Aber die frischen Zutaten kosten ziemlich und verderben auch leicht. Das heißt: Regelmäßig kochen ist angesagt.

Und regelmäßiges Kochen bedeutet für mich außerdem, dass die bösen Kohlehydrate weitestgehend weggelassen werden und gegen gute ersetzt werden. Also nur weil ich mich vegetarisch ernähre, möchte ich nicht in die Falle treten und mir regelmäßig mit Nudeln, Brot, Reis und weißem Weizenmehl den Magen vollzuschlagen. Und Kaiserschmarrn, Palatschinken und Waffeln kann man ja eigentlich auch mit Dinkelvollkornmehl machen. Deshalb entschied ich mich recht schnell dazu, dass diese Ernährungsumstellung gleichzeitig auch ein Auftakt sein soll, meine altes Gewicht wieder zu erreichen, der Orangenhaut den Kampf anzusagen und meine Figur Bahamastauglich zu formen. Bye, Bye Salamipizza, Kaffee und Schokokeksi. Jup, solch ein karibischer Urlaub im April kann auch sehr motivierend sein Also geht es für mich seit Ende Dezember 2-3 mal in der Woche für 1,5 Stunden in die Folterkammer aka Fitnesscenter.

Vor allem in Restaurants ergaben sich in den letzten Wochen Diskussionen über die Sinnhaftigkeit meines Projekts und ob denn dieses 1 Monat überhaupt irgendetwas bringen würde. Einmal schlug mir sogar richtige Feindseligkeit entgegen bezüglich meiner zugegeben idealistischen Idee, dass wenn jeder Mensch nur 1 Monat auf Fleisch und Fisch verzichten würde, es doch spannend wäre, was für Folgen das denn hätte. Denn wir essen ja bloß so viel Fleisch, weil es einfach da ist und wir es uns leisten können und wenn die Nachfrage weniger wäre, dann müsste doch eigentlich auch die Produktion zurückschrauben. Ich kann nun ein bisschen besser verstehen, womit sich Vegetarier herumschlagen müssen und wenn es nur die Frage ist, ob man denn Fisch auch nicht esse.

Tja, was haben nun die letzten 4 Wochen für mich persönlich gebracht? Ihr wollt jetzt vielleicht Fettwerte oder verlorene Kiloanzahl hören – aber da muss ich euch enttäuschen. Ich mache so eine Diät – wenn man sie denn überhaupt Diät bezeichnen darf – zum ersten Mal komplett ohne Waage. Aber ich merke deutliche Fortschritte: Meine Haut ist gesünder und glatter geworden, die Haar sind weniger struppig, ich bilde mir sogar ein besser zu sehen und ganz bestimmt habe ich auch abgenommen, denn ich passe wieder in mein altes Ballkeid rein. Zusätzlich bin ich stärker geworden und merke von Training zu Training, dass meine Muskeln kräftiger werden und ich das Gewicht und die Wiederholungen erhöhen kann. Und meine Ausdauer ist auch besser geworden, denn als ich bei der Berlin Fashion Week die ganze Zeltlänge zum Backstagebereich gelaufen bin, konnte ich durchlaufen – und das ist für mich und meinen immer kleinlauter werdenden Schweinehund ein großer Fortschritt.

Ich kann jetzt nicht genau ausrechnen, wie viel und ob man überhaupt Gutes tut, indem man zumindest für 1 Monat auf Fleisch und Fisch verzichtet. Außerdem verzichtete ich ja nicht auf Eier und Milchprodukte, die selbst mit Freilandhaltung und Bioqualität massenweise produziert werden müssen. Aber ich bin davon überzeugt, dass auch kleine Dinge zählen. Und für mich persönlich hat die Umstellung sowieso vieles gebracht: Bewusster leben und essen und binnen überraschend kurzer Zeit Veränderungen bemerken. I like

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