Mirka von Lilienthal

Neu aus dem Gerstenberg Verlag.

Wie schon angekündigt, werde ich hier nun auch hin und wieder Kinder- und Bilderbücher vorstellen, die ich pädagogisch interessant finde. Mit drei Büchern aus dem Gerstenberg Verlag, in dem auch “Die kleine Raupe Nimmersatt” erschienen ist, möchte ich nun den Anfang machen.

Mein Favorit:


Eine Maus in meiner Hand von Lucie Albon
112 Seiten, ab 3 Jahren, farbig illustriert

Inhalt: Die Maus Lili und ihre Freunde lassen zusammen Drachen steigen, pflücken leckere Himbeeren und haben viel Spaß miteinander! Und wer genau hinschaut, sieht, dass die Tiere mit leichten Fingern kunstvoll aufs Blatt gedruckt sind. Die fröhlichen kleinen Geschichten und die Anleitungen am Ende des Buches machen Lust darauf, selbst loszulegen und mit Daumen, Fingern und der Hand Bilder zu drucken! – Mit einer Anleitung für die eigene Finger Druckwerkstatt – Umsetzung mit Wasserfarben, es werden keine teuren Stempelfarben benötigt.

Meinung: Man wird gleich mitten in die Geschichten um Maus Lili hineingeworfen: Mausefreund Henri bringt ihr die ganze Zeit Geschenke – doch Lili kommt einfach nichts aus ihrem Mauseloch! Frustriert fragt Henri schließlich, warum das so sei und findet heraus, dass Lili das Sammeln der vielen tollen Geschenke lieber mit ihm gemeinsam erleben würde.

Die Abenteuer, die Lili und Henri im Folgenden, unterstützt von Freunden, erleben, sind vielfältig und kindgerecht: Drachensteigen, die Arbeit im Gemüsebeet oder das Kochen von Marmelade, wofür im Vorfeld natürlich erstmal ganz viel Obst geerntet werden muss.

Das Buch schließt mit einem kleinen Praxisteil, was darauf begründet ist, dass die Bilder mit einer sehr reizvollen Technik gestaltet wurden, die man mit Kindern nach dem Lesen auch selbst ausprobieren kann: Sie wurden mit Fingerabdrücken “gedruckt”. Als Zutaten werden dafür benötigt: Wasserfarben, Deckweiß, Papier, ein Glas Wasser, Pinsel, Buntstifte, einige Herbstblätter und natürlich die eigenen Finger. Dann kann es auch schon losgehen. Schritt für Schritt wird etwa erklärt, wie mit welchen Fingern und Teilen der Hand die Maus oder der Schmetterling gedruckt wurden. So werden die Kinder unter Umständen dazu angeregt, die Geschichte selbst weiterzuerzählen, was ich als unglaublich bereichernd und tolle Praxisidee empfinde.

Fazit: Absolut schön gestaltetes Bilderbuch, das in der Praxis tolle Anreize zu setzen vermag. Die Altersempfehlung (3 bis 6 Jahre) empfinde ich als angemessen, für kleinere Kinder erscheint mir zumindest der Praxis-Teil aufgrund der feinmotorischen Fertigkeiten noch zu komplex zu sein.

Nacht-Wimmelbuch midi von Rotraut Susanne Berner
16 Seiten, ab 3 Jahren, farbig illustriert CD

Inhalt: Was ist nachts in Wimmlingen los? Eine ganze Menge! Martina und Petra sind bei einer Lesenacht in der Bibliothek, im Stadtpark ist ein Sommerfest mit Feuerwerk, und die Polizei schnappt einen Spitzbuben. Wer all die nächtlichen Abenteuer in den Wimmelbildern entdeckt hat, kann sich gemütlich in sein Bett kuscheln und schön träumen.
Das Nacht-Wimmelbuch jetzt auch als handliche Midi-Ausgabe – passt in jede Handtasche und jeden Rucksack!

Meinung: Was ich an Wimmelbüchern, gerade aus pädagogischer Sicht, so sehr schätze: Dass sie Kinder zum “Selbererzählen” einladen. In der Regel befindet sich keinerlei Text auf den Seiten, nur detailverliebte Bilder, auf denen es unglaublich viel zu entdecken gibt. Gerade mit sehr kleinen Kindern kann so perfekt der Wortschatz erweitert werden (“Weißt du, was das ist?” “Kennst du das?” “Schau mal, was haben wir doch neulich auf der Straße gesehen, weißt du noch?” etc.). Ich arbeite im Kindergarten immer gerne mit Wimmelbüchern und freue mich, wenn mir Kinder voller Begeisterung erzählen, was sie schon alles kennen und woher.

Das Thema “Nacht” wird in dem von Rotraut Susanne Berners gestalteten Bilderbuch perfekt umgesetzt und kindgerecht vermittelt: Wir sehen, was in einem Mehrfamilienhaus bei Nacht so los ist (jemand duscht, eine Omi poltert deswegen mit einem Besenstiel gegen die Decke, andere schlafen, ein Vater ruft sein in einem Zelt lesendes Kind mit Fingerzeig auf die Armbanduhr ins Haus, ein Pärchen macht vor dem Haus einen Nachtspaziergang…), wir lernen Berufe kennen, in denen man auch nachts nicht Feierabend hat (Tankstelle, Polizei, Personennahverkehr), können das muntere Treiben an einem nächtlichen Bahnhof unter die Lupe nehmen, wohnen einer Übernachtungsparty im Kulturzentrum bei, ertappen einen Dieb beim Einbruch in ein Haus und landen schließlich in einem nächtlichen Park-Café. Außerdem begegnet man unzähligen Tieren auf seiner Reise durch die Nacht, gerade auch denen, die man bei Tag eher selten zu Gesicht bekommt.

Wer keine Lust mehr hat, nur zu betrachten und zu beschreiben, der kann auf die beigefügte CD umsteigen, die unter anderem Gespräche der Wimmlinger, Geräusche, aber auch Songs wie den “Wunderschöne-Stadt-Song” beinhaltet. Gerade die Songs empfinde ich als tolle Begleitung zum Buch.

Was ich mir gewünscht hätte: Einen etwas reflektierteren Umgang mit dem Thema Geschlechtergerechtigkeit. Ja, es gibt zum Beispiel eine Busfahrerin. Aber: Natürlich trägt sie einen Rock. Ja, es gibt eine Polizistin. Aber: Der männliche Kollege fährt das Auto. Sämtliche Mitarbeiter am Bahnhof sind männlich. Genauso wie “Ruhestörer” ebenfalls stets männlich sind (der nächtliche Duscher, der Einbrecher, der Radfahrer ohne Licht…). Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass dies etwas ausgeglichener Umgesetzt wird.

Das Buch an sich: Sehr schön. Ich würde allerdings vom Kauf der midi-Version eher abraten, zumindest, wenn man das Buch gerne mit seinem Kind/seinen Kindern zusammen ansieht. Dafür ist die midi-Version einfach zu klein, man muss sehr nah ans Buch rangehen, um die Motive erkennen zu können. Zu dem Gefühl, man halte ein sehr winziges Buch in den Händen, trägt sicher auch bei, dass das Buch, dem Thema Nacht geschuldet, komplett in dunklen Farben gehalten ist, weshalb man sich sowieso schon etwas besser auf die Motive konzentrieren muss.

Mir bleibt nun nichts anderes, als mit ein paar Zeilen aus dem “Wunderschöne-Stadt-Song” zu schließen:
“Wer weiß, wo das alles passiert?
In Wimmlingen, das jeder kennt,
der’n Wimmelbuch sein eigen nennt,
in dieser wunderschönen Stadt,
die überall nur Freunde hat.”

Hör den wilden Tiger brüllen von Olivier Tallec
34 Seiten, ab 2 Jahren, farbig illustriert CD

Inhalt: Der Wolf heult, der Elefant trompetet, aber welches Geräusch macht ein Panda? Und welches ein Pinguin? 32 Tiere sind in dem wattierten Pappbuch abgebildet. Auf der CD sind ihre passenden Laute zu hören. Wer Ohren wie ein Luchs hat, kann am Ende der CD zehn Tierlaute erraten.

Meinung: 32 verschiedene Tiere werden in “Hör den wilden Tiger brüllen” vorgestellt und Dank der beiliegenden CD können die Tierlaute ebenfalls kennengelernt werden. Die Idee, die Tierbilder mit den von ihnen ausgehenden Geräuschen zu verknüpfen, habe ich als sehr spannend und reizvoll empfunden. Da das Buch jedoch bereits ab 2 Jahren empfohlen wird, empfinde ich die Zeit, die jedes Tiergeräusch auf der CD einnimmt (ca. 1 Minute) deutlich zu lang, um längerfristig die Aufmerksamkeitsspanne des Kindes halten zu können und vor allem vielleicht sogar am Stück mit dem Buch durchzukommen.

Toll an der CD, zumindest für die etwas älteren Kinder, fand ich allerdings den “Spiel-Teil”, wo 10 bereits gehörte Tiergeräusche wiederholt werden und es am Kind liegt, diese den Tieren zuzuordnen, die sie gerade kennen gelernt haben.

Mir persönlich gefallen die Zeichnungen insgesamt nicht so gut. In meinen Augen wirken sie deutlich zu abstrahiert, sind nicht naturalistisch genug. Manche kommen gar unscharf daher, stimmen in den Proportion nicht wirklich. Das könnte Kinder unter Umständen verwirren. Zudem wirkt die Tierauswahl etwas willkürlich, ich hätte mir eine Aufteilung nach Lebensraum/Kontinent gewünscht, am Besten mit einem exemplarischen Bild dieses Lebensraumes. Dann können die Kinder auch gleich einordnen, wo die Tiere anzutreffen sind.

Fazit: Insgesamt durchaus positiv, für die Arbeit im Kindergarten eher ungeeignet (die CD ist zu lang, es handelt sich eher um ein Buch, das man 1:1 oder maximal 1:2 mit Kindern betrachten sollte), aber für gemütliche Regentage zu Hause auf der Couch durchaus eine Bereicherung, die graphische Gestaltung ist schließlich Geschmackssache. Die Altersempfehlung (2 – 4 Jahre) finde ich passend, gerade auch, weil das Bilderbuch sehr dicke Papaseiten hat und somit auch den noch etwas groben Kleinstkindhänden standhält.

Herzlichen Dank an den Gerstenberg-Verlag für die Leseexemplare.

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