Mirka von Lilienthal

Neues aus dem Ravensburger-Verlag.

Alles über Prinzessinnen von Andrea Erne
16 Seiten, 4-7 Jahre, farbig illustriert

Inhalt: Es ist der große Traum vieler kleiner Mädchen: ein Mal Prinzessin sein! Doch wie sah der Alltag bei Hofe wirklich aus? Mussten Prinzessinnen auch zur Schule gehen? Welche Frisuren und welchen Schmuck trugen sie zu einem Ball? Und warum brauchten sie eine Flohfalle? Dieser Band lädt zu einem schillernden und zugleich sachlich fundierten Ausflug in das pompöse Leben zur Zeit des Barock ein. Besonderes Highlight: ein herausnehmbarer Bogen mit Prinzessinnen-Anziehpuppe.

Meinung: Ich bin großer Fan der “Wieso? Weshalb? Warum?”-Reihe, da die Bücher unglaublich toll gestaltet sind, nicht nur optisch, sondern auch bezüglich der Haptik (es können verschiedene Bereiche im Buch aufgeklappt werden, sodass sich Motive durch Auf- und Zuklappen verändern und quasi eine Geschichte erzählen) und das gemeinsame Betrachten mit Kindern auch für uns Erwachsene sehr lehrreich sein kann.

In “Alles über Prinzessinnen” folgt man Schlossgespenst Amalia durch die Welt des Adels. Jede Seite ist übersichtlich, bunt und mit Liebe zum Detail gestaltet. Einziger Kritikpunkt hier: Manche Aufklappkästchen lassen sich eingangs relativ schwer lösen, man hat Angst, die Pappe zu beschädigen. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, alle Pappfelder einmal zu öffnen, bevor man das Buch einem Kleinkind oder auch Vorschulkind überlässt.

Ich persönlich würde das Buch von mir aus nicht an kleine Mädchen verschenken, außer es wird explizit gewünscht, da es mir persönlich doch etwas zu “rosa” ist. In der Arbeit im Kindergarten würde ich es auch nur einsetzen, wenn ich merke, dass die Kinder sich sehr stark für das Thema Prinzessinnen interessieren. Als Impuls würde ich es hingegen nicht einsetzen, da ich denke, dass so recht stark Genderstereotype zementiert werden können (ähnlich wie “Wir entdecken die Ritterburg” bei Jungs). Dort würde ich, gerade auch, da die Kinder oftmals eigenständigen Zugang zu den Büchern haben und man so das Gesehene nicht reflektieren kann, lieber allgemeinere Bücher zum freien Anschauen ausstellen, etwa “Wir entdecken unseren Körper”, “Was passiert im Krankenhaus?” oder “Wir entdecken den Wald”. Im privaten Rahmen für Prinzessinneninteressierte beider Geschlechter aber durchaus ein sehr schönes Buch!

Was nun, June? von Sophie Schmid & Rüdiger Bertram

Inhalt: Es tropft. Hinein in Junes Limonade. Von der Decke. Igitt! June findet das gar nicht toll. Aber neugierig, wie sie ist, will sie wissen, wo das Wasser herkommt. Sie fährt mit dem Fahrstuhl einen Stock höher und klingelt bei den Fischers. Auch hier tropft es von der Decke und die beiden fangen das Wasser mit Töpfen auf und lassen Boote darin fahren. Gemeinsam mit ihnen fährt June Stockwerk für Stockwerk höher und lernt ihre lustigen Nachbarn kennen, bis sie beim Kapitän oben unterm Dach ankommen. Ob sie hier die Quelle für all das Wasser finden?

Meinung: Ich muss zugeben: Ich habe mich ein wenig in dieses wundervoll gestaltete Bilderbuch verliebt. Die Bilder sind unglaublich toll gestaltet (farbenfroh, mit vielen Gegenständen und Personen geschmückt, die zum Diskutieren mit den Kindern – ‘Und wie heißt das?’/’Kennst du das?’ einladen) und man merkt einfach jeder Seite an, dass sie Autor und Illustratorin sehr viel Gedanken darüber gemacht haben, wie man Kinder altersgerecht “abholen” kann.

Mein absolutes Highlight ist es, dass June – ganz dem kindlichen Entdeckerinnengeist stattgebend – in den Aufzug steigt, um dem Tropfen auf die Spur zu kommen. Das Bild des Aufzugs zieht sich durch das ganze Bilderbuch: Stehen auf dem ersten Bild nur June und ihr Stofftier Moses im Aufzug und ist alles noch recht leer und trist, steigen pro Stockwerk immer neue Leute mit ein, die June besucht, aber die sich das Tropfen auch nicht erklären können. Bis sie schließlich im letzten Stockwerk angelangen…

Gefallen hat mir außerdem, dass in “Was nun, June?” einfach nur eine schön gestaltete Geschichte erzählt werden soll, ohne dass es irgendeine tiefergehende Moral gibt, die in manchen Kinderbüchern quasi mit erhobenem Zeigefinger propagiert wird. Auch schön ist, dass in June eine starke Mädchenheldin erschaffen wurde, die Abenteuer erlebt und Dingen auf die Spur geht, ohne dabei niedlich-hilflos zu wirken.

Kurz: Absolute Empfehlung!

Karl von der Wimmelburg von Daniel Acht
36 Seiten, 3-6 Jahre, bunt illustriert

Inhalt: Karl will Abenteuer erleben wie die großen Ritter. Unbedingt! Jeden Tag trainiert er, auch wenn er nur seinen Esel Willi zum Reiten und ein Schwert aus Holz hat. Aber dann findet er ein seltsames Ei, aus dem ein Drachenbaby schlüpft. Ein sehr gefräßiges Drachenbaby, das Karl JamJam tauft. Karl bringt es auf die Wimmelburg zum weisen Zauberer Leonardo. Aber JamJam büxt aus und beißt sich im Burghof durch alles, was ihm vor die Schnauze kommt. Der König lässt ihn ins Gefängnis werfen. Karl ist entsetzt, er kann den kleinen JamJam doch nicht im Verlies schmoren lassen! Nun braucht er einen Plan und Mut wie ein echter Ritter, um seinen Freund zu retten.

Meinung: Eigentlich kann ich mit Ritter-Geschichten nicht besonders viel anfangen. Dachte ich immer. Dann kamen Ritter Karl, sein Esel Willi und das kaputte Holzschwert. Die Illustrationen gefallen mir insgesamt gut, auch wenn ich sie manchmal etwas zu comichaft finde, besonders das Gesicht von Ritter Karl wirkt mir einen Touch zu “fernsehkompatibel”.

Besonders schön finde ich an “Karl von der Wimmelburg” aber, dass es keine Prinzessin/kein Burgfräulein gibt, das aus den Fängen irgendeines Bösewichtes gerettet werden muss. Dieses immer wiederkehrende Motiv in Ritterbüchern empfinde ich nämlich als ziemlich öde und kommuniziert in meinen Augen unreflektiert Geschlechterrollen (Junge = stark, Mädchen = hilflos). Dass in diesem Buch ein “Fressmonster”, das sich später als “Mampfdrache” herausstellt, namens JamJam gerettet werden muss, finde ich hingegen äußerst knuffig und charmant! Kritisieren würde ich in diesem Kontext allerdings, dass in diesem Buch keine Mädchen-Figuren auftauchen, zumindest nicht mit Sprechrollen oder als für die Geschichte wichtig. Gerade dies hätte die Geschichte auch für Mädchen noch interessanter gemacht.

Alles in allem aber ein schönes Bilderbuch, vor allem der putzige JamJam hat es mir ausgesprochen angetan!

Hast du Worte? von Rolf & Margret Rettich
32 Seiten, 4-6 Jahre, bunte Zeichnungen

Inhalt: Bildergeschichten ohne Worte, die einladen sich gemeinsam Geschichten auszudenken. Das können Eltern – und auch Kinder. Die Bilderabfolgen zeigen auf jeder Doppelseite lustige, nachdenkliche oder seltsame Begebenheiten, voller Anregungen und Augenzwinkern. Es geht um pfiffige Kinder, einen tollpatschigen Gärtner, einen viel zu großen Weihnachtsbaum u. v. m. Die Geschichten mitten aus dem Alltag überraschen stets mit einer witzigen Pointe am Schluss.

Meinung: “Hast du Worte?” zählt zu den Bilderbuchklassikern, ist die erste Auflage doch bereits im Jahr 1972 erschienen. Dies merkt man dem Buch natürlich auch an. Man sieht den Zeichnungen an, aus welcher Zeit sie stammen – was aber durchaus mal eine spannende Abwechslung darstellt.

In meinen Augen ist “Hast du Worte” allerdings nicht für jedes Kind das richtige, da es kein Vorlesebuch ist. Gerade ruhigere, schüchterne Kinder, die man nur schwer zum Selbsterzählen einladen kann, werden nicht sonderlich mit diesem Buch warm werden, denn: Es gibt keinerlei Texte, nur Bilder. Die Geschichten tragen allesamt einen Titel (z.B. “Die Geschichte vom Vogel”, “Die Geschichte vom Gartenschlauch”, “Die Geschichte von den Kirschen”…) und dann folgen unterschiedliche viele Zeichnungen, die eine Abfolge darstellen, die Kinder, mit Unterstützung von Erwachsenen, verbalisieren sollen.

Ich persönlich finde das Buch ganz nett, würde es aber wirklich nur sehr eingeschränkt in meiner pädagogischen Arbeit einsetzen, da ich mir ziemlich sicher bin, dass einige Kinder, die am Liebsten ein farbenfroh illustriertes Bild pro Seite betrachten, während der Erwachsene vorliest und im Anschluss vielleicht ein paar Rückfragen stellt (das Konzept “moderner” Bilderbücher eben), relativ überfordert oder gar gelangweilt von “Hast du Worte?” wären. Bei Vorschulkindern kann ich mir aber gut vorstellen, dass das Buch tatsächlich zum Selbsterzählen einlädt.

Fazit: “Hast du Worte?” appelliert an die Nostalgie in einem, ist aber nicht universell verschenk- und einsetzbar.



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