Flug storniert & Geld zurück? Mein Kommentar zum neuen Gerichtsurteil

Ein Urteil im Reiserecht schlug in der letzten Woche wie eine Bombe ein. Hier gibt’s noch einmal die komplette Story in aller Kürze:
Gekauft hatte eine Dame zwei Flüge im Wert von 604,32€ bei einer großen Airline mit Sitz in Italien. Trotz der Tatsache, dass sie ein nicht umbuchbares und nicht stornierbares Ticket erstanden hatten, wollte sie vom Kaufvertrag zurück treten und verlangte ihr Geld zurück. Normalerweise ein aussichtsloser Fall. Doch die gute Frau wollte dies nicht akzeptieren, so dass als nächstes der Gang vor ein Frankfurter Gericht folgte. Dieses sprach ein Urteil (vgl. Az:2-24S152/13), mit dem niemand gerechnet hätte: Da die Stornierung ein halbes Jahr vor dem Abflugdatum geschah, sah es das Gericht als erwiesen an, dass das Ticket sehr wohl ein zweites Mal von der Airline zum gleichen Preis oder sogar teurer verkauft werden könne. Ergo sei die Airline zur Erstattung des vollen Kaufpreises verpflichtet, außer sie könne beweisen, dass der Platz nicht anderweitig verkauft wurde. Auf jeden Fall seien aber Steuern und Gebühren in voller Höhe zu erstatten, da diese im Falle der physischen Abwesenheit eines Fluggastes nicht anfallen.

Viele mögen an dieser Stelle jubeln und einen Durchbruch in der Stärkung von Fluggastrechte feiern. Ich möchte aber anhand einiger Überlegungen zeigen, dass die Dame dem durchschnittlichen Fluggast eher einen Bärendienst erwiesen hat.

Flexiblere Tickets bedeuten höhere Flugpreise für alle

Auch wenn der Himmel groß genug für alle erscheint: Für Fluggesellschaften ist die Luft da oben ganz schön dünn.
Gerade unflexible Tickets sichern den Airlines schon bereits lange vor der Durchführung des Fluges ein gewisses Grundkapital, mit dem sie zukünftige Operationen planen können.
Sinkt diese Sicherheit, da jedes Tickets beliebig zurück gegeben werden könnte, so steigen die Flugpreise für alle. Gerade die frühen Sparpreise geraten so in Gefahr komplett vom Markt zu verschwinden bzw. nur noch in homöopathischen Dosen zur Vermarktung vorhanden zu sein. Schließlich könnte sich nach dem neuen Urteil jedermann mit beliebig vielen Frühbuchertickets eindecken, nur um diese dann später wieder gegen Bares umzutauschen. So müsste er sich nicht im Voraus auf einen genauen Abflugtag festlegen und könnte sich anhand von vielen unflexiblen (billigen und später ja offenbar doch umtauschbaren) Tickets ein flexibles Ticket “zusammenbauen”. Da erscheint es logisch, dass eine Airline diesem Verhalten entgegen steuern muss.

Klagen statt Einsicht

Wieder einmal wurde höchst richterlich bestätigt: Geiz frisst Hirn und Anstand.
Der Kauf des Tickets der Dame war vertragsmäßig mit Einschränkungen hinsichtlich der Stornierung verbunden. Hätte sie eine Flexibilität gewünscht, so hätte sie den höheren Preis einer anderen Buchungsklasse zahlen müssen. Statt diese rechtmäßigen Bedingungen zu akzeptieren oder sich das Vergessen des Durchlesens der AGBs einzugestehen, wurde der Klageweg bestritten statt aus dieser Lektion für zukünftiges Handeln zu lernen. Der Reflex “aus Prinzip” die Schuld bei anderen zu suchen und sich am liebsten durch alle Instanzen zu klagen, verursacht bei mir nur Kopfschütteln.
Ich fühle mich unweigerlich an Horden von Ryanair-Passagieren erinnert, die mit 23kg-Koffern ohne ausgedrucktes Ticket anreisten, sich auf Gewohnheitsrecht beriefen und angesichts von Nachbuchungsgebühren mit Klagen vor den obersten Gerichten drohten.

Die Folge: Aussitzen und steigende Bearbeitungsgebühren?

Gerade die Erstattung von Steuern und Gebühren im Falle eines no-shows stellt keine grundsätzliche Neuerung dar. Dies ist schon heute bei fast allen Airlines (sogar bei vielen Billigfliegern) möglich. Haken an der Sache ist oft eine Bearbeitungsgebühr, die viele Reisende vom Stellen eines Antrages auf Rückerstattung abhalten kann (bei Ryanair beträgt die Gebühr 20€). Ich bin fest davon überzeugt, dass nach dem Urteil unterschwellig an dieser Gebührenschraube kräftig gedreht wird, um sich vor Spaß-Stornierungen zu schützen. Und wer die Gebühren für die Anmeldung eines PKWs oder die Beantragung eines Reisepasses kennt, dürfte schnell ahnen, dass die Floskel “Soviel kann die Bearbeitung eines Vorgangs doch gar nicht kosten und lange dauert das sicher nicht” durchaus realitätsfernes Wunschdenken sein kann.

Die Beweislage ist nur bei 100% Auslastung klar

Zum Schluss bleibt noch festzuhalten, dass auch Fluggesellschaften sich zu helfen wissen. Verhielt sich die Airline im besagten Rechtsstreit noch zu siegessicher und blauäugig, werden zukünftige Anträge wohl besser begründet abgewiesen werden: Schließlich würde schon ein einziger leerer Platz im Flieger ausreichen, um zu begründen, dass besagtes Ticket nicht mehr verkauft werden konnte.
Ein potentieller Stornierer müsste somit auf volles Risiko gehen und bis zum Abflugtag auf eine nicht ausgelastete Maschine hoffen. Ansonsten droht der Verlust des kompletten Kaufpreises.

Fazit: Die vermeintliche Stärkung der Fluggastrechte ist bei näheren Hinsehen ein Armutszeugnis für den gemeinen Fluggast. Genau solche Regelungen sind es, die zur Bürokratisierung beitragen und sich im Nachhinein zum Eigentor für den preissensiblen Kunden werden.
Selten passten zwei Binsenweisheiten so gut wie zu diesem Urteil: Augen auf beim Ticketkauf, denn wer Lesen kann ist klar im Vorteil.
Und jetzt bin ich natürlich auf eure Kommentare gespannt. Wie seht ihr das?

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