Alan Bradley ~ Flavia de Luce – Schlussakkord für einen Mord

Während der letzte Fall für Bradleys elfjährige Heldin Flavia de Luce kriminalistisch etwas schwach ausfiel, läuft sie in „Schlussakkord für einen Mord“ wieder zur Höchstform auf. Es passiert ein unerwarteter Mord mit skurrilen Details, Flavia macht sich mehr als einmal die Hände schmutzig und jede Menge schrullige, aber auch dem Leser noch unbekannte Persönlichkeiten kreuzen ihren Weg – so liebe ich das!

Mittlerweile dürfte es kein Geheimnis mehr sein, dass ich ein großer Fan der Reihe geworden bin. Ich freue mich jedes Mal, wenn ein neuer Band erscheint und ich dem kleinen Ort Bishop’s Lacey einen Besuch abstatten darf. Die angestaubte Atmosphäre der 50er Jahre, Flavias Streifzüge durch die Gemeinde und ihre pragmatische sowie durchtriebene Art haben es mir einfach angetan.

Die Handlung spielt dabei zwar eine tragende Rolle – schließlich gilt es in jedem Band einen aufsehenerregenden Mord aufzudecken -, allerdings nicht der Nervenkitzel, denn der fällt im Vergleich zu anderen Krimis eher gediegen aus. Es geht nicht um Ereignisse, die den Leser erschüttern, und blutrünstige Psychopathen, sondern schlichtweg um klassische Morde, die zwar überraschende Details aufweisen, aber nicht auf Schockeffekte ausgerichtet sind. Das eigentlich Spannende an Bradleys Romanen ist Flavia selbst und ihre Taktik den Dingen auf den Grund zu gehen. In ihrem Kopf geistern allerhand clevere, aber auch unsichere Theorien herum, die gleichermaßen das kleine Mädchen und die Spürnase in ihr zum Vorschein bringen.

Auf der einen Seite entspricht sie so gar nicht dem Klischee eines elfjährigen Kindes: Sie liebt ihr Chemielabor, befasst sich mit dem Mischen verschiedenster (vor allem tödlicher) Gifte und führt die Gemeindemitglieder ordentlich an der Nase herum. Dadurch löst sie jeden noch so undurchsichtigen Fall und geht trickreicher vor als der dreisteste Taschendieb.
Auf der anderen Seite ist sie erstaunlich sensibel, spürt negative Stimmungen innerhalb ihrer Familie sofort und fühlt sich von ihren eigenen Gefühlsschwankungen überfordert.
Gut, eine Umarmung gestaltet sich im Hause Buckshaw komplizierter als eine umfangreiche mathematische Formel, doch zwischen den Zeilen spürt man ganz deutlich, dass Flavia sich nach Nähe und einer Bezugsperson sehnt.
Dieses Gegensätzliche – das Kaltschnäuzige und das Verwundbare – macht für mich den zwischenmenschlichen Reiz des Erzählten aus. Die Morde hingegen sorgen für knifflige Knoten, die es zu entwirren gilt.

Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, gibt es zum vorliegenden fünften Teil nicht viel Neues zu sagen, ohne Details zu verraten. Doch genau das ist das Schöne daran: Obwohl es sich schon um den fünften Teil handelt, werde ich es nicht Leid, Flavia auf ihren Streifzügen zu begleiten. Hier und da gibt es zwar kleine Schwachpunkte, z.B. zu ausschweifende Beschreibungen im ersten Teil oder lückenhafte Ermittlungen im vierten, doch alles in allem handelt es sich bei Flavia de Luce um eine Reihe, die inhaltlich nicht nachlässt. Bradley bleibt seiner Linie treu, ohne zu langweilen; seine Figuren und die Rahmenhandlung entwickeln sich stetig weiter und im vorliegenden Band konstruiert er erstmalig ein Ende, das den Leser extrem ungeduldig zurücklässt. Für mich ist dies nur ein weiterer Beweis dafür, dass Bradley noch längst nicht die Ideen ausgehen, im Gegenteil!

Für Nachschub ist bereits gesorgt, denn der sechste Band ist Mitte Januar im Englischen erschienen, sodass er höchstwahrscheinlich im Spätherbst auch bei uns erscheint.

Bisherige Teile:
Mord im Gurkenbeet
Mord ist kein Kinderspiel
Halunken, Tod und Teufel
Vorhang auf für eine Leiche

© Ada Mitsou

351 Seiten / 19,99 € ~ Penhaligon (November 2013) ~ ISBN: 3764530995


Einsortiert unter:Amerikanische / Englische Krimis
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