Joana Gröblinghoff

Die Smalltalk Theorie

Heute bin ich zum ersten mal mit Jessi losgezogen, um Blogfotos zu machen. Kann sich sehen lassen, oder?

Ich erspare euch jetzt als Einleitung langes Geschwafel über das Wetter, denn das ist eigentlich immer das erste, über das man quatscht, wenn man nichts zu erzählen hat. Generell habe ich das Gefühl, dass die Leute sich nur so derbe über die Sonne freuen, weil sie dann wieder guten Stoff für den Smalltalk mit der Nachbarin haben. “Nä, Annegret, das ist aber auch wieder heiß heute! Gestern, da war es ja noch erträglich und heute ist es so schwül! Soll ja heut noch richtig runterkommen, jaja…” Solche Gespräche sind mir ein Graus. Gerade heute hielt mir noch eine nette Dame die Tür auf und leitete sogleich das Gespräch mit “Hier drinnen ist es auch wirklich angenehm…” ein. Na klar, besser als ohne Blickkontakt und grußlos rauszumarschieren. Die Sorte gibt’s ja auch. Aber reicht nicht ein freundliches Lächeln und ein Hallo und ein gelegentliches richtiges Gespräch, wenn sich die Gelegenheit bietet? Bis heute weiß ich von unseren Studionachbarinnen nur, dass sie es drinnen erträglicher finden als draußen bei Hitze und dass sie sich gut und gern an das Wetter von letzter Woche Dienstag erinnern. Ich würd lieber wissen, wie der süße Pudel heißt, der ihr auf Schritt und Tritt folgt und ob sie etwas schönes auf ihren Spaziergängen gesehen hat. Aber ich frage nicht. Nie. Stattdessen antworte ich: “Ja, das stimmt wirklich, draußen ist es wirklich unerträglich – gut, dass wir im Erdgeschoss sind, da ist es schön kühl!” Höflichkeitskonversation beendet, wieder keinen Schritt weiter. Drinnen frage ich mich dann, was das für schöne Blumen waren, die sie da im Arm hatte. Aber gefragt hab ich nicht. Wie immer.

Wir laufen also tagtäglich durch die Gegend und erzählen über’s Wetter – weil’s einfach so ist. Aber niemanden interessiert’s. Passiert alles automatisch.

Ich glaube, über’s Wetter zu reden ist unser Abwehmechanismus auf unserem Weg von A nach B. Da kommt ein Fremder: BAAM WETTER! Und abgeschüttelt. Da kommt ein Bekannter in Sicht: UPS, ZUFÄLLIG NICHT GESEHEN… Und schwupps ist man ohne großen Zeitverlust am Ziel angekommen. Wäre man zu jedem nett und interessiert, wäre man quasi vom Weg abgekommen und es hätte länger gedauert – vielleicht würde derjenige dann aber denken, man wäre an einer Freundschaft interessiert und man bekommt automatisch Angst, dass man bald der netten Annegret die Einladung zum Kaffeekränzchen mit Gerda absagen muss. Das ist jedenfalls meine Vermutung.

So ziehen wir also weiter, gestresst und zielstrebig, mit unserer Abwehrwaffe “Wetter” und dem Notfallargument “Zeitdruck”.

Kleid: Lookbookstore* // Sandalen: urban Outfitters //Armbänder und Kette: Madeleine Issing (coming soon, hihi)

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