Mercedes-Benz Fashion Week Berlin: Im Gespräch mit Tilda Swinton, Haider Ackermann und Roe Ethridge

Wie lang kann sich eine halbe Stunde Wartezeit ziehen? Und wie schnell können sieben Minuten vorbei sein? Beide Extreme habe ich beim Interviewtermin mit Tilda Swinton, Haider Ackermann und Roe Ethridge, den Machern der neuen Mercedes-Benz Fashion Week Spring/Summer 2015 Kampagne, erfahren. Die Schauspielerin und Stilikone bewundere ich, seit ich zum ersten Mal einen Film mit ihr gesehen habe. “Orlando” war das, mittlerweile ist “We need to talk about Kevin” mein Favorit. Aber nicht nur auf der großen Leinwand, auch auf dem roten Teppich beeindruckt mich Tilda Swinton immer wieder, besonders natürlich mit ihrer außergewöhnlichen Kleiderwahl. Häufig setzt sie da auf Haider Ackermann, einen Designer, den ich irgendwann in meiner Studienzeit mal in einem Laden in Frankfurt entdeckt habe und seither ebenso bewundere. Entsprechend groß war also meine Aufregung beim Interview im Hotel Regent. Doch die war völlig unbegründet: Ich traf auf tiefenentspannte, äußerst freundliche und wahnsinnig faszinierende Persönlichkeiten, die nach dem kurzen Interview trotz vollem Zeitplan sogar noch Zeit für ein Foto mit mir fanden. Ihr merkt, ich bin immer noch hin und weg und verweise deswegen auf das Gespräch nach dem Klick – über Musen, Tilda und Haiders enge Verbundenheit und die bemerkenswerteste Fashion Show ihres Lebens!

LesMads: Miss Swinton, sie tragen die Kleider von Haider Ackermann schon seit vielen Jahren. Wieso sind sie Fan seiner Designs?

Tilda Swinton: ich würde nicht sagen, dass ich Fan seiner Arbeit bin. Ich finde das Wort Bewunderer passender. Auch wenn ich ihn nicht persönlich kennen und unter einem Baum leben würde, würde ich seine Entwürfe immer noch bewundern. Es geht nicht nur darum, sie zu tragen.

LM: Wie haben sie sich kennengelernt?

TS: In einer Chinesischen Karaoke Bar in einem Restaurant, in das wir oft gingen.

HA: Das war vollkommen außerhalb des Modekontexts.

TS: Doch davor hatten wir quasi auch schon Kontakt. Du hast mir eine Hose geschickt, die nicht gepasst hat. Also habe ich sie zurückgeschickt, damit du sie anpassen kannst. Das ist nie passiert. Das ist jetzt schon viele Jahre her. Wo ist die Hose?

Sie lacht ausgelassen und klopft ihm vertraut auf die Schulter.

TS: Zum ersten Mal richtig zusammengearbeitet haben wir in Cannes. Du hast mir ein goldenes Kleid entworfen. Einerseits sieht es wundervoll aus, andererseits bewegt es sich auch unglaublich schön. Für mich ist es einfach leicht, eines deiner Designs zu tragen. Nicht nur in körperlicher Hinsicht. Deine Entwürfe sind großartig gefertigt, sehr komfortabel und gleichzeitig drücken sie etwas aus. So entsteht eine interessante Kombination aus etwas Fantastischem und Praktischem.

HA: Es gibt einfach eine besondere Verbindung zwischen uns. Es ist eigentlich egal, wann und wo wir uns getroffen haben, wir sollten uns einfach treffen. Es ist vorbestimmt, dass Tilda Teil meines Lebens ist.

LM: Würden sie sie als ihre Muse bezeichnen?

HA: Nein, das ist sie nicht.

TS: Er braucht keine Muse.

HA: Eine Muse im klassischen Sinn ist nur still und schön. Sie sitzt nur da und hört zu. So ist Tilda nicht. Sie provoziert mich und treibt mich voran. Sie hat mich ausgewählt, nicht umgekehrt. Eine Muse tut das eigentlich nicht. Außerdem möchte ich das Wort Muse nur ungern verwenden, da es sich nur auf eine Person bezieht. Meine Mode ist viel demokratischer. Ich möchte verschiedene Personen, verschiedene Männer und Frauen ansprechen.

LM: Lassen sie uns über die Kampagne sprechen. Herr Ethridge, was war das Konzept hinter dem Film?

RE: Die Idee einen Film über die Beziehung zwischen Mutter und Sohn zu machen, hatte ich schon sehr lange. Dieser Gedanke war also schon in meinem Kopf, als ich hörte, dass Tilda bei der Kampagne dabei ist. Außerdem hatte ich von einem guten Surfspot in Schottland gehört. Da haben wir dann gestartet. Von dort aus hat sich alles einfach entwickelt.

LM: Jetzt sind sie alle zusammen in Berlin, um die Kampagne zu präsentieren. Was gefällt ihnen an der Stadt?

HA: Ich mag die Paris Bar. Und das Kingsize. Da gehe ich morgen Abend hin. Ich habe viele Freunde in Berlin und bleibe bis Sonntag.

TS: Ich bin nicht mehr ganz so vertraut mit Berlin. Ich kannte die Stadt vor 1999 besser. Aber auch ich habe viele Freunde hier. Es ist ein besonderer Ort für mich.

LM: Sie haben heute die Show von Roshi Porkar gesehen. Wie hat sie ihnen gefallen?

TS: Die Kollektion hat mir wirklich sehr gut gefallen. Die Strukturen wirkten so interessant, man wollte sie unbedingt berühren. Man hat den Designs angesehen, das sie handgefertigt sind. Es ist selten heutzutage, dass man die Arbeit eines Designers beim Betrachten seiner Stücke spürt.

HA: Die Entwürfe haben in meinen Augen Zartheit und Behaglichkeit ausgestrahlt. Roshi ist ein wirklich talentiertes Mädchen. Die Show war wunderschön.

Kurze Unterbrechung: Nur noch eine Frage, erinnert die Pr-Betreuung.

LM: Was war die bemerkenswerteste Show, die sie jemals gesehen haben?

HA: Das war eine Yohji Yamamoto Show in den 90er Jahren. Die Kleider waren riesig, die Models liefen in Zeitlupe, jemand hat Piano gespielt. Es war als ob die Zeit still stehen würde. Das Publikum war wie hypnotisiert von der Stimmung der Show und der Schönheit der Kollektion. Es ist eine Gabe, dies als Designer, Künstler oder Maler erreichen zu können.

TS: Das war die erste Haider Ackermann Show, die ich gesehen habe. Es muss eine Herbstsaison gewesen sein. Die Langsamkeit, die Musik, das sehr präsente Licht, die Bewegung; es war wundervoll. Seine Designs wirken auf dem Laufsteg noch mal ganz anders, als wenn man sie selbst trägt.

RE: Ich bin nicht so oft auf Fashion Shows unterwegs. Aber es gibt zwei, bei denen ich gerne gewesen wäre. Einmal die Supermarkt-Show und die Präsentation in Dallas; beide von Chanel. Als Fotograf beeindruckt mich besonders das Setting. Man hätte direkt dort die Werbekampagnen shooten können.

LM: Ich hätte noch 237 Fragen, aber die Zeit ist um. Vielen Dank für das Interview!

Das Backstage-Eindrücke vom Video-Dreh:


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