Chi Do Ha

Happy girls are the prettiest.




Ich sitze in in der Cafeteria meiner Uni und versuche mich zu konzentrieren, die letzte Vorlesung nachzuarbeiten, etwas Gescheites aus der freien halben Stunde zu machen. Der Wind zieht messerscharf durchs gekippte Fenster, das jemand vergessen hat zu schließen und der Stift in meiner rechten Hand zittert. Vor mir sitzen zwei Mädchen, vermutlich aus höheren Semestern, da sie sich kurz über Masterarbeiten unterhalten haben. Das linke Mädchen trägt ihre dunkle Haare wellig und hat einen leichten Akzent, ich würde auf eine Osteuropäerin tippen. Die Freundin hat hellere Haare und spricht schnell, sodass ich recht schnell aufgebe, noch weiter die fleißige Studentin abzugeben. "Ich kann es nicht fassen, dass sie so geworden ist, und ich gebe mir die Schuld", beschwert sich das rechte Mädchen und fängt an, über eine gewisse Christina zu erzählen, die der hinterlistigste Mensch sei, den man sich vorstellen kann. "Ja, ich muss mit ihr reden und meine Meinung sagen.", steuert die Dunkelhaarige bei und ich lege mir den Kopf in die Hände. Seufz.
Plötzlich werde ich Zeugin einer Lästerei der ersten Klasse, die so spannend ist, dass ich mich nicht losreißen kann. Christina sei nicht schön, aber bitchy und spiele mit allen Jungs aus der Clique. Sie habe ihren Job gar nicht verdient, weil sie nichts in der Birne habe und sie erfinde Geschichten. "Kein Wunder, dass ich keine Freunde auf der Arbeit habe. Christina hat ja einen Monat vor mir angefangen. Sie hat alle um die Finger gewickelt." Ich bekomme Kopfschmerzen. Manchmal ist es mir wirklich ein Rätsel, wie kleinkariert Mädchen zueinander sein können. Gemein. Verständnislos. Wir stellen uns gegenseitig das Bein und triumphieren, wenn die andere hinfällt.
Versteht mich nicht falsch, denn ich bin - kein! - Moralapostel. Ich spreche nicht immer positiv über andere Menschen meines Geschlechts und es gibt Situationen, wo ich weiß, ich habe eine Grenze überschritten. Dann beiße ich auf die Zunge und sage mir, dass ich das nächste Mal besser die Klappe halten soll, statt etwas zu sagen, was ich nicht für richtig halte. Natürlich gönne ich nicht allen ihren Erfolg und natürlich rolle ich die Augen, wenn jemand, den ich unsympathisch finde, mal wieder von allen gelobt und gemocht wird. Aber das ist normal. Gesund. Unfair wird es, wenn man sich reinsteigert und seinen Gesprächspartner anstachelt, noch mehr Schlechtes über eine Person und reden und zu denken, die selbstverständlich nicht mit am Tisch sitzt.
Statt zusammenzuhalten, neigen Mädchen und Frauen gern dazu, sich untereinander zu vergleichen und zu haten. Das ist destruktiv und keinesfalls emanzipiert. Das ist affig, wenn jede von uns ganz stolz darauf ist, dass sie sich ja viel besser mit den Jungs versteht und Mädchen sowieso anstrengend sind. Statt daran zu arbeiten, zielen zu viele von uns nur darauf ab, möglichst gut beim anderen Geschlecht anzukommen. Ich bin mir sehr sicher, dass wir viel weiter gekommen wären, hätten wir uns gegenseitig unter die Arme gegriffen. Mittlerweile mache ich jeder Frau in meiner Umgebung ein Kompliment, wenn mir danach ist, keine Schleimerei, sondern Unterstützung, damit sie sich - hoffentlich - ein wenig freut und selbstbewusster fühlt.
Das Leben ist hart genug. Lasst es uns so einfach wie möglich gestalten. Lasst uns freundlich sein. Auch zu dem blondsten, hübschesten, beliebstesten Mädchen der Klasse. Auch sie ist unsicher, wie wir, auch sie sehnt sich nach einer ehrlichen Freundschaft.
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