Kilta & Teema

Manchmal entwickle ich eine irrationale Liebe zu Dingen, die ich nicht besitze. So auch zu einer Teekanne, die ich irgendwann auf den Fotos in unserem Familienalbum entdeckte. Eine blaue Teekanne, welche, als ich in diese Familie geboren wurde, schon eine ganze Weile nicht mehr existierte. Der Nachwuchs einer befreundeten Familie hatte sie im Spiel unbeobachtet zerschmettert. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Dame auf dem Foto hier oben ist meiner Mutter im ersten gemeinsamen Wohnzimmer meiner Eltern in Düsseldorf. Auf dem Tisch vor ihr steht eine blaue Teekanne aus der Serie „Kilta“ von Arabia Finland. Meine Eltern hatten sich damals für diese Kanne entschieden, weil sie ganz gut mit ihrem Kaffeegeschirr von Melitta harmonierte: „Das weitere Arabia-Geschirr wollten wir uns auch noch kaufen, haben wir aber nie gemacht…“. Auch das ist eine andere Geschichte.

Ich entbrannte also in Liebe zu dieser Kanne und begann danach zu recherchieren. Damals wusste ich nicht, dass dieses Stück zu der berühmten Geschirrserie gehörte, mit welcher der finnische Designer Kaj Franck in den 1950ern das Geschirrdesign revolutionierte. Die Idee für dieses minimalistische Geschirr war, dass Teile und Farben frei untereinander kombiniert und bei Bedarf immer wieder weitere Teile hinzugekauft werden können. Auch sollten die Einzelteile multifunktional einsetzbar sein, so dass z.B. eine Beilagenschüssel auch ein Suppenteller sein konnte. Was uns heute normal vor kommt, war damals neu. Kaj Franck reduzierte seine Gestaltung auf die Grundformen Kreis, Rechteck, Quadrat, Zylinder und Kegel. Dieses Geschirr wurde – ganz bewusst und mit sozialem Anspruch – als „Volksgeschirr“ konzipiert und stand damit im krassen Gegensatz zum traditionellen Tafelservice. „Kilta“ erfreute sich großer Beliebtheit und als die Serie 1975 eingestellt wurde, führte das in Finnland zu heftigen Protesten. Man wollte das „Volksgeschirr“ zurück.

Auch mein Begehren für die Kanne war groß, so dass ich über eine Auktion eine Vintageversion der „Kilta“-Kanne erwarb. Genauso wunderbar blau wie die meiner Eltern. Leider hielt die Kanne der Beanspruchung nicht stand und wurde sehr schnell undicht. Vielleicht sollte man ein Sammlerstück nicht gebrauchen, doch in unserem Haushalt gibt es so gut wie keine rein dekorativen Gegenstände und ich habe keine besondere Vorliebe für „Stehrumchen“.


Was ich damals noch nicht wusste: seit den 80ern wird die Serie unter dem Namen „Teema“ und dem Markennamen iittala vertrieben. Da ich nur die Kanne kannte, hatte ich nur wenige Details zur Wiedererkennung. Bevor „Teema“ auf den Markt kam, wurde das ursprüngliche Design überarbeitet und auch meine begehrte Kanne bekam einen leichten Relaunch. Sie wurde schmaler und etwas höher. Das kann man auf meinen Fotos mit beiden Kannen sehr gut sehen. Die alte, defekte „Kilta“-Kanne ist inzwischen – und entgegen all meiner Prinzipien – zu einem Dekogegenstand avanciert. Sie wegzuschmeissen bringe ich nicht übers Herz.

Und nun haben wir also diese wunderbare neue, weiße „Teema“-Kanne. Auch wenn die Form sich etwas verändert hat, das Design hat nichts von seinem Charme eingebüßt. Das Material ist inzwischen ein anderes, was die Kanne leichter macht. Die Glasur ist ungemein geschmeidig und das Stück hat für mich eine große Gemütlichkeit. Die neue Teekanne gesellt sich bestens zu unserem vorrangig weißen Sammelsuriums-Geschirr aus Flohmarktfunden und Gelegenheitskäufen. Irgendwie ist das ja auch die Grundphilosophie dieser Serie: dass man nach Bedarf kombinieren kann – nicht nur untereinander, sondern auch zu anderem. Genau wie meine Eltern das gemacht haben.

Erhältlich ist die „Teema“-Kanne, sowie die ganze Serie, beim Berliner Wohn- und Lifestyle-Accessoire Shop artvoll. Dort habe ich in der vergangenen Woche auch ein paar Fragen beantwortet zum Thema Design und Blogs.

Übrigens: Die Makronen-Gebäcke, welche sich da zwischen dem Geschirr stapeln, das sind Leipziger Lerchen. Die habe ich erst hier in Berlin kennengelernt und beim Kiezbäcker Kroll gekauft. Eine echte Bäckerei. Da wird selbst gebacken. Alles. Und es wird berlinert. Zum niederknien schön. Mehr echte Bäcker gibts hier.



Vielen Dank an den Online Shop artvoll für die Zur­ver­fü­gung­stel­lung der iittala Teekanne „Teema“.
Fotos in diesem Beitrag: 1. Gerd Holtkamp, 2.-6. Nicola Holtkamp

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