Über den Traum vom Leben in der weiten Welt


Wäre es nicht wunderbar, wenn man einfach alles stehen und liegen lassen und ab sofort nur noch mit wenig Gepäck und Flip Flops die Welt bereisen könnte? Fremde Länder und Kulturen kennenlernen, die schönsten Sonnenuntergänge unter Palmen mit einem eisgekühlten Mojito in der Hand genießen, über Inseln hoppen, Vulkane besteigen, durch Großstädte tigern, Abenteuer erleben und einfach das Leben in vollen Zügen genießen? Viele träumen davon, aber entspricht diese Vorstellung wirklich den Tatsachen oder jagt man da möglicherweise nur einer Illusion hinterher?

In der heutigen Zeit mit einem Überangebot von fast allem ist es nicht ungewöhnlich, dass man sich nach Dingen sehnt, die in ihrer Erreichbarkeit weit in der Ferne liegen oder ein besseres Leben zu versprechen scheinen als das aktuelle Dasein im Hamsterrad, das sich im Laufe der Jahre auch noch immer schneller zu drehen scheint. Wir möchten das Beste aus unserem Leben machen und dabei bestenfalls finanziell sorgenfrei sein und wenig Zeit in Arbeit investieren müssen.

Und wie schön wäre es, wenn jeder Tag wie im Urlaub wäre, wo alles so ganz anders ist als in unserem normalen Alltag: Wir genießen diese unbändige Freiheit, haben viel Freizeit, liegen vielleicht in der warmen Sonne am Meer, sind wesentlich gelassener, entdecken Neues, machen Ausflüge und wagen möglicherweise auch einmal etwas Ungewöhnliches. Besonders diese Reiseerlebnisse brennen sich ganz besonders in unser Gedächtnis ein und natürlich hätte man am liebsten so viel wie möglich davon.

Für mich war es viele Jahre lang ein ganz großer Traum, irgendwann nur noch reisen zu können. Die 2- bis 4-wöchigen, teilweise abenteuerlichen Reisen blendeten meinen damals stressigen und zeitintensiven Job wenigstens für die kurze Zeit aus und gaben mir das Gefühl, dass ich für das Leben in der weiten Welt bestimmt sei. Fotografieren und Schreiben gehörten ebenfalls zu meinen Leidenschaften, wodurch dann auch dieser Reiseblog entstand, der mir möglicherweise als Standbein in der Ferne dienen könnte.

»Eigentlich braucht man nicht mehr als die 20-30 kg Gepäck, um glücklich zu sein«, dachte ich damals. Die stetig wachsende Ansammlung von unnötigen Dingen und diese täglich grüßt das Murmeltier-Tage sollten endlich ein Ende haben. Und für mich war auch klar, dass die bisherige Wohnung viel zu groß und der Job zu wenig Perspektive bot, weshalb ich mich auch davon verabschiedete. Am Ende war dann da nur noch ein VW-Bus, ein Batzen Geld für die Überbrückung der nächsten 1-2 Jahre und ein kleiner Lagerraum für die wichtigsten Besitztümer.

Heute – 2 ½ Jahre später – lebe ich wieder in Deutschland und reise nach der zunächst einjährigen Weltreise „nur noch“ insgesamt maximal drei Monate im Jahr. Weder das Dauerreisen noch das Leben an einem festen Ort irgendwo weit weg haben mir die ursprünglich erwartete Erfüllung gebracht und das gleich aus mehreren Gründen, die ich in den nachfolgenden Punkten darstelle und dir vielleicht bei deiner Entscheidung für deinen individuellen Lebensweg weiterhelfen. Die Fragen und Themen beziehen sich ausschließlich auf Alleinreisende und nicht auf Paare oder Familien, da sich die Planung und Durchführung stark voneinander unterscheidet.

1. Warum möchte ich eigentlich alles zurücklassen?

Abgesehen von dem Gedanken, dass es einfach verlockend klingt, jeden Tag seines zukünftigen Alltags vermeintlich als Urlaub zu verbringen, solltest du dich nach dem Beweggrund fragen, warum du diesen Schritt gehen möchtest. Bei mir war es zum Beispiel damals vordergründig die große Leidenschaft für das Reisen, hintergründig gab es da allerdings noch eine große Unzufriedenheit mit meiner damaligen Alltags-Gestaltung sowie die Frage, wie es mit über 30 ohne Beziehung oder Familienplanung weitergehen soll. Nach bereits 16 Berufsjahren immer so weiterzumachen bis zur Rente war jedenfalls undenkbar.

Aber es gibt natürlich noch viele andere Gründe und Ursachen für den Wunsch auszubrechen. Gerade viele junge Menschen, die heute bei der großen Auswahl an Möglichkeiten orientierungslos sind, halten das Leben in der weiten Welt für eine coole Option. Dann sind da noch viele Väter und Mütter, die sich eng eingebettet in ihr Familienkonstrukt extrem nach Freiheit sehnen, oder geschiedene Männer und Frauen um die 50/60 Jahre, die ihrem Leben nochmal eine ganz neue Bedeutung geben möchten.

Die Frage nach dem Warum ist so wichtig, weil du dir bewusst machen musst, dass die Probleme nicht einfach in Deutschland bleiben, sondern sie folgen dir auf Schritt und Tritt – wo immer du auch bist. Sie werden möglicherweise sogar stärker in Erscheinung treten, wenn du dich nicht mehr in der täglichen Alltagsmühle befindest, sondern plötzlich Zeit zum Nachdenken hast. Andererseits ist das kontinuierliche Unterwegssein eine hervorragende Möglichkeit der Ablenkung, das hängt ein wenig von der Art zu reisen ab: Je mehr man sich mit Ereignissen und Erlebnissen umgibt, umso weniger muss man über sich nachdenken.

Mein Tipp: Viele lassen sich von Menschen inspirieren, die das Leben und Arbeiten im Ausland vormachen. Es gibt z. B. verschiedene Digitale Nomaden, die diese Art zu leben als das Nonplusultra darstellen. Lies hier nicht nur die Zeilen, wie toll dieses Leben zu sein scheint, sondern schaue genauer hin: Ist das wirklich genau das Leben, das du dir vorstellst? Manche reisen rastlos von A nach B, dann wieder nach A und danach nach C; bei anderen liest man zwischendurch etwas über starke mentale Einbrüche oder aber manche schwärmen von diesem Leben, obwohl sie erst zwei Monate unterwegs sind. Sei dir bewusst – diese Art zu leben ist nicht einfach, auch wenn Blogger es oft anders darstellen (z. B. weil sie damit ihr Einkommen generieren)!

2. Was erwarte ich von einem Leben in der weiten Welt?

Auf der anderen Seite des Ufers ist das Gras immer grüner, heißt es und man sehnt sich eigentlich immer nach dem, was man nicht hat. Es ist unglaublich schwer, einfach mal nur zufrieden zu sein, weil das Unterbewusstsein einen unaufhörlich antreibt, dass es noch besser gehen könnte. Aber was soll sich nun für dich bei einem Leben in der Welt wirklich verbessern? Ich versuche es einmal anhand unserer klassischen Bedürfnisse darzustellen: (Es gibt hier unterschiedliche psychologische Ansätze – ich nehme mal diesen):

a) Das Bedürfnis nach Bindung und sozialer Gemeinschaft: Wenn du alleine reist, wirst du zwar in Hostels und privaten Unterkünften fast immer in Gemeinschaft sein, allerdings meist kurzfristig und wahrscheinlich eher oberflächlich. Wenn du online arbeiten solltest, wirst du entweder im Café, in deiner Unterkunft oder in einem Coworking-Space neben vielen anderen sitzen und dich mit deinem Laptop beschäftigen. Echte Bindung, Fürsorge, Liebe und Gespräche mit Tiefe werden nach meiner Erfahrung auf einer Alleinreise tendenziell selten stattfinden. Auf Dauer wird dieses Bedürfnis extrem schwer zu erfüllen sein, besonders bei ständiger Weiterreise. Anders ist es an einem festen Ort, wo man sich allerdings möglicherweise nach einiger Zeit nach engen Freunden und Familie sehnen wird. Whatsapp und Facebook zur Kontaktaufnahme sind auf Dauer kein Ersatz und ich habe auch festgestellt, dass man einige „wunderliche“ Eigenschaften an den Tag legt, wenn man zu lange zu viel alleine ist.

b) Das Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung: Frei und unabhängig zu sein ist tatsächlich ein erstrebenswertes Ziel und gerade auf einer Alleinreise wird man eine große Extraportion Selbstbewusstsein positiv auf seinem Persönlichkeits-Konto verbuchen können. Man kann hierbei sehr gut lernen, seinen Weg zu gehen, sich selbst wichtig zu nehmen und eventuelle Minderwertigkeitsgefühle zu reduzieren. Die ultimative Freiheit hat für eine gewisse Zeit einen großen Reiz, bringt einen in vielerlei Hinsicht am Ende jedoch nicht unbedingt weiter – vor allem, wenn man sich sehr nach Bindung sehnt.

c) Das Bedürfnis nach Anerkennung: Das Vorhandensein dieses Bedürfnisses wird man wahrscheinlich erst kennenlernen, wenn es mal überhaupt nicht mehr da ist. Wer einem normalen Job nachgeht, bekommt hier und da ein Lob oder immerhin irgendein Feedback oder Danke für etwas von jemandem, den man ebenso wertschätzt. Ohne Job, kollegialen Austausch und direkte Kontakte fällt die regelmäßige Anerkennung plötzlich weg und kann sich unter Umständen massiv auf das Selbstwertgefühl und die Laune unterwegs auswirken. Gebraucht zu werden ist für viele Menschen ein existenzieller Bestandteil und hierfür sind Bindungen zwingend notwendig.

d) Das Bedürfnis nach Lustbefriedigung bzw. Unlustvermeidung: Wenn man nicht gerade einen Goldesel dabei hat, wird sich auf der Reise schnell herausstellen, dass dieses neue Leben teilweise gar nicht so viel mit der ursprünglichen Vorstellung eines von Vorfreude geprägten Urlaubs zu tun hat. Zum einen wird man mehr auf die Ausgaben achten müssen, denn man reist schließlich nicht nur 2 Wochen, sondern muss für einen langen Zeitraum rechnen und dies hat automatisch zur Folge, dass man sich viele Genussdinge verkneifen muss. Zum anderen werden die Orte und Erlebnisse auf Dauer immer mehr zur Normalität. Wenn du z. B. jeden Tag Achterbahn fährst, wirst du nach dem zehnten Mal kein Herzklopfen mehr haben, sondern das Auf und Ab einfach so hinnehmen. Die Lustbefriedigung nimmt also stetig ab und kann selbst am schönsten Ort nicht mehr die Euphorie erzeugen, die du von deinen bisherigen Urlauben kennst.

e) Ein besonderes Reise-Bedürfnis: WLAN & Internet! Insbesondere alleine unterwegs wird man ein großes Bedürfnis haben, mit seiner Außenwelt, Freunden & Co. regelmäßig zu kommunizieren. Je nach Reiseland ist das nur gar nicht so einfach… Manchmal kostet es (zu viel) Geld, das Wifi der Unterkunft funktioniert nicht oder es fällt im ganzen Ort das Internet aus und dann sitzt man da und weiß nichts mit sich anzufangen. Eigentlich traurig, aber eben ein ganz natürliches Bedürfnis – siehe Punkt a). Ich habe es einerseits als positiven Lernprozess empfunden, mal ohne Internet auszukommen, aber es dauerhaft umzusetzen ist nahezu unmöglich, da man unterwegs meist auch beruflich auf das Internet angewiesen ist. Man kann es sich vielleicht nicht so vorstellen, aber fehlendes Internet kann sich durchaus negativ auf die Stimmung auswirken!

Mein Tipp: Wenn du deine eigenen Bedürfnisse und Erwartungen besser kennst, kannst du deine Reise besser gestalten. Nimm dir ein Blatt Papier und schreibe auf, was du dir von dem Leben und Reisen in der Ferne erhoffst und wünschst. Dabei lernst du dich nicht nur selbst besser kennen, sondern gewinnst zudem mehr Sicherheit, welcher Weg der richtige für dich ist – denn die Auswahl ist groß!

3. Wie viel Geld brauche ich im Ausland?

Dies ist wahrscheinlich der größte Knackpunkt, denn wer sozusagen aus Deutschland aussteigt, wird nicht nur auf viele Aspekte unseres angenehmen Komforts verzichten, sondern auch entsprechend vorsorgen müssen. Während bisher im klassischen Gehalt als Angestellte/r die Sozialleistungen für Krankenkasse, Arbeitslosengeld und Sozialversicherung enthalten waren, wird man zukünftig als Selbstständige/r auch selbst vorsorgen müssen und das kann (je nach Alter) teuer werden. Und dann gilt es noch die Reisekasse zu bedienen und die steigt abhängig vom Reiseland umso schneller, je mehr man sich bewegt bzw. Ortswechsel vornimmt.

Wenn du kein monatliches, festes Gehalt mehr erhältst, lohnt sich meiner Erfahrung nach die Berechnung von monatlichen und täglichen Ausgaben. Während ich zum Beispiel früher dachte, dass ein Coffee to go mit einem belegten Brötchen jeden Morgen für ca. 5 Euro am Tag zu den geringen Ausgaben zählen, bedeutet alleine dieses kleine Vergnügen satte 150 Euro im Monat. Wenn man mit wenig Geld zurecht kommen muss, weil die Ausgaben auf Reisen einfach höher sind als zu Hause in der Mietwohnung, wird man an diesen Rechnungen nicht vorbeikommen.

Mit diesen täglichen und monatlichen Kosten wirst du voraussichtlich mindestens rechnen müssen (natürlich abhängig und variierend vom Preisniveau im Reiseland und deiner Art zu reisen):

Täglich:

  • Unterkunft ca. 0-40 Euro/Nacht, also vielleicht ca. 15-20 Euro durchschnittlich
  • Essen und Lebensmittel ca. 8-15 Euro
  • Verkehrsmittel ca. 2-10 Euro
  • Mit einzurechnen sind hier noch die Flüge, Transfers, Reiseführer, Impfungen, Gepäck, Eintrittsgelder, Touren, Visa, Trinkgelder, Wifi usw.
  • Luxury-Add-Ons: Shopping, Massage, Coffee to go, Drink am Abend etc.
  • Unvorhergesehenes: Reparaturen, Ersatzbeschaffung, sonstige Bedürfnisse

Weitere Informationen zu Kosten und Planung einer Weltreise findest du in meinem Artikel ↠ Weltreise – Wie viel Geld brauche ich?. In einem Jahr wirst du bei sehr kostenbewusstem Reisen mindestens 10.000 Euro benötigen. Rechnen würde ich eher mit 15.000 bis 20.000 Euro, wenn man sich auch außerhalb der Low Cost-Länder bewegt und sich unterwegs nicht permanent auf maximalem Sparkurs befinden möchte.

Monatliche Fixkosten (Jahresbeiträge auf Monat umgelegt):

  • Auslandskrankenversicherung 1,50 Euro
  • Private Krankenversicherung 150-500 Euro (abhängig von Alter, Vorerkrankungen etc.)*1
  • Privathaftpflichtversicherung 8 Euro
  • Unfallversicherung 7 Euro
  • Ggf. Berufsunfähigskeitsversicherung
  • Ggf. Rechtsschutzversicherung 10 Euro
  • Private Rentenversicherung (Altersvorsorge)*2 50-500 Euro
  • Ggf. Lebensversicherung (Altersvorsorge) 100-500 Euro
  • Ggf. Kontoführungsgebühren 5 Euro
  • Ggf. Gebühren für Kreditkarte 5 Euro

*1 Private Krankenversicherung: Sich aus der gesetzlichen Krankenkasse auszuklinken, ist besonders ab dem Alter von 35 Jahren abzuwägen. Ein späterer Wiedereinstieg kann schwierig bis unmöglich werden und dann muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass man lebenslang mindestens 400 Euro monatlich mit kontinuierlichen Beitragsanpassungen für eine private Krankenversicherung auf den Tisch legen muss. / Bei längeren Auslandsaufenthalten muss man bei der regulären privaten Krankenversicherung oft einen Zuschlag von 20% zahlen. Hier kann man z. B. die PKV mit einer Antwartschaft stillegen und zusätzlich eine Auslandskrankenversicherung wählen. Achtung- wenn du eine Auslandskrankenversicherung hast und im Falle eines Falles zurück in Deutschland behandelt werden musst, brauchst du natürlich auch hierfür eine Versicherung! Mehr Infos dazu in diesem Artikel von auslandstreff.de.

*2 Private Rentenversicherung: Ein unbeliebtes, aber wichtiges Thema! Wer bisher z. B. wenig verdient und somit wenig in das soziale Rentensystem eingezahlt hat, sollte unbedingt privat vorsorgen. Man weiß natürlich nie, ob man das Alter erreicht, aber man möchte wahrscheinlich später auch nicht in die Situation geraten, in Mülleimern nach Pfandflaschen zu suchen. Und mit dem Prinzen bzw. Retter auf dem weißen Pferd sollte man als Frau heutzutage nicht mehr rechnen.

Monatliche Beiträge bei Selbstständigkeit

  • Steuerberater für monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen, jährliche Einnahmen-/Überschussrechnung (Kosten abhängig vom Einkommen, ab 30 Euro mtl.)
  • Berufsrechtsschutzversicherung (bei Abmahnungen, Zahlungsstreitigkeiten o. ä.) ab 30 Euro
  • Gebühren für Hosting, Templates, Plugins, Backup-Services, Fotos etc. ab 10 Euro
  • Ggf. Werbekosten für dein Business (Facebook und andere Kanäle) ab 5 Euro

4. Womit kann ich im Ausland bzw. auf Reisen Geld verdienen?

Zu Beginn der Reise solltest du entweder eine gewisse Summe zur Verfügung stehen haben (z. B. durch Erspartes) oder über ein bereits bestehendes Online-Business verfügen, das dir möglichst regelmäßige und vor allem ausreichende Einkünfte einbringt.

Jobs gibt es einerseits wie Sand am Meer, nur sollte die Arbeit auch zu dir und deinen Lebensumständen passen. Entscheidend ist hierbei, ob du an einem festen Ort bleibst oder ständig „on the road“ bist, und welche Tätigkeit für dich mit deiner Ausbildung und/oder deinen Fähigkeiten in Frage kommt.

  • Wohnen an einem festen Ort: Im Grunde dürfte es hier nicht großartig anders sein als in Deutschland, vielleicht kannst du schon im Vorfeld von zu Hause aus Bewerbungen an relevante Firmen verschicken. Eine andere Alternative wäre ein soziales Projekt, an dem du dich für eine Weile beteiligen kannst; leider sind die Verdienstmöglichkeiten hierbei oftmals gering. Je nach Reiseland gibt es auch einfache Jobs für die kleine Reisekasse: Als Aushilfe im Hostel, Hotel, Restaurant oder Café, in einer Bäckerei, als Erntehelfer, Dogsitter, Au Pair oder ähnliches. Bringe vorher in Erfahrung, ob du in dem betreffenden Land ohne Genehmigung überhaupt Geld verdienen darfst oder ob du dir dafür eine spezielle Genehmigung erteilen lassen musst.
  • Dauerhaft auf Reisen: In diesem Fall bietet sich ein Online-Business an, also ein Blog oder eine andere Plattform, über die du regelmäßig Einkünfte generieren kannst. Mittlerweile gibt es auch immer mehr Unternehmen in Deutschland, die das Home-Office akzeptieren – egal, wo sich das am Ende befindet. Wenn du also auf den Server deiner Firma zugreifen kannst, wäre es für deinen Arbeitgeber möglicherweise okay, wenn du deinen Job auch von außerhalb fortführst. Viele kreative Tätigkeiten sind ebenfalls problemlos ortsunabhängig durchführbar wie z. B. Social Media Arbeiten, Webseiten- und Logogestaltung etc.
  • Reisen und Leben als Reiseblogger: Eigentlich eine tolle Sache, nur braucht es einiges an Zeit, bis man sich in die Top 20 hochgeangelt hat… Du wirst gute Fotos brauchen, gut schreiben können und Durchhaltevermögen haben müssen. Und wichtig: Es reicht nicht aus, erst bei Antritt der Reise mit einem Blog zu starten! Um einen populären Blog mit entsprechender Reichweite zu haben bedarf es mindestens 2 Jahre intensiver Arbeit und einiger Investitionen. Mit Werbung, z. B. Affiliates, verdienst du erst ab einer gewissen Besucherzahl nennenswerte Beträge, weshalb du dich möglicherweise auf eigene digitale Produkte konzentrieren solltest wie z. B. das Schreiben eines Buches. Manche Blogger schreiben auch Blogposts oder redaktionelle Beiträge für andere Unternehmen. Der Fantasie sind hier eigentlich keine Grenzen gesetzt, nur braucht man eben eine gewisse Reputation, um überhaupt Aufträge zu bekommen.

Manche digitale Nomaden haben ihren Wohnsitz in Deutschland abgemeldet und eine Offshore Gesellschaft z. B. in Hong Kong gegründet, um Steuern sparen zu können. Von letzterem würde ich definitiv abraten, mehr dazu in meinem Artikel ↠ Leben ohne Wohnung.

Zu Beginn deiner Selbstständigkeit kannst du dich als Kleingewerbetreibende/r anmelden; wenn du im 1. Jahr unter 17.500 Euro bleibst und im 2. Jahr unter 50.000 Euro, brauchst du keine Umsatzsteuer, Gewerbesteuer oder andere Unternehmenssteuern zu zahlen. Das 1. Jahr gilt immer bis zum 31.12. – egal, in welchem Monat du das Gewerbe anmeldest. Umsatzsteuer berechnest du in den ersten beiden Jahren nicht.

Bei deinen Einkünften als Selbstständige/r solltest du am besten direkt die Mehrwertsteuer und (je nach Höhe deiner Einkünfte) ca. 30-45% des Nettobetrages beiseite legen, damit du die Summe bei Vorlage des Steuerbescheids gleich vorliegen hast. Wenn davon dann noch etwas übrig bleibt, kannst du dich freuen und ist wesentlich sinnvoller als alles gleich auszugeben.

5. Wie soll ich mein Leben im Ausland gestalten?

Diese Frage ist mir persönlich sehr schwer gefallen. Ich hatte überhaupt keine Vorstellung, welche Art zu leben in der Welt mich faszinieren und glücklich machen könnte. Mehr zu diesen Gedanken findest du in meinem Artikel ↠ Job aufgeben… und dann?. Für die meisten dürfte sich eine Weltreise eignen, bei der man möglicherweise irgendwann an einem Ort stecken bleibt, der einem gefällt. Meist handelt es sich hierbei um Orte, an denen sich viele Gleichgesinnte aufhalten, da man solo auf Dauer die Gemeinschaft und Verbindung zu anderen Menschen braucht.

Eine andere Alternative wäre das Mieten einer (möblierten) Wohnung in einer Stadt oder auf einer Insel, wo man sich vielleicht in einigen Urlauben schon sehr wohlgefühlt hat und sich vorstellen könnte, dort einmal für eine längere Zeit bleiben zu können. Diese Variante hat den Vorteil, dass man sowohl gleich vier eigene Wände um sich herum hat als auch einen ungefähren Rahmen, wie es in naher Zukunft weitergehen wird. Von hier aus kann man mit wenig Gepäck kleinere und größere Ausflüge in die Umgebung machen.

Denkbar ist heute auch das mobile Leben in einem Camper. Es ist die ultimative Freiheit, du hast immer ein Dach über dem Kopf und hast jeden Tag die freie Wahl: bleiben oder weiterziehen. Diese Variante ist allerdings nach meiner 4 ½ monatigen Erfahrung die größte Herausforderung des Alleinreisens, weil sie die geringste Möglichkeit sozialer Kontakte bietet. Wild campend bist du mutterseelenallein und auf Campingplätzen kommst du überwiegend mit älteren Paaren oder Familien mit Kindern in Kontakt. Internet hast du meist nur über deine Handy-Sim-Karte mit begrenztem Datenvolumen, was Fernsehen gucken o.ä. ausschließt.

6. Frage dich: Lieber eine knackige Weltreise mit Rückkehr nach Deutschland oder generell ortsunabhängig reisen und arbeiten?

Es hängt natürlich alles von deinen individuellen Bedürfnissen und Perspektiven ab, aber wenn es dir in erster Linie um das Ausleben deiner Reiseleidenschaft geht und du mich unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile fragen würdest, wäre meine Empfehlung immer die Weltreise bzw. Auszeit mit vorherigem Ansparen einer gewissen Summe (ca. 15.000 Euro für 1 Jahr). Hierbei kannst du dich voll und ganz der Reise widmen, alle Sinne auf die neuen Eindrücke konzentrieren und ein Jahr lang mal so richtig die Seele baumeln lassen. Nach deiner Rückkehr wirst du mit einem anderen Bewusstsein an deinen Alltag herangehen und sicher einiges oder sogar vieles verändern wollen. Vielleicht suchst du dir einen passenderen Job oder du hast auf der Reise einen Ort entdeckt, den du noch besser kennenlernen möchtest und kannst neue Pläne schmieden bzw. einen neuen Weg einschlagen.

Wenn du deine Reise mit Arbeit verknüpfst, solltest du folgende Einbußen mit einkalkulieren:

  • Vielleicht bist du an einem wunderschönen Ort, musst aber täglich deine 6-10 Stunden vor deinem Laptop abhocken. Viele Blogger arbeiten übrigens wesentlich mehr als sie angeben. Alleine das Checken der Aktivität seiner sozialen Kanäle und Zugriffszahlen verbrät wahnsinnig viel Zeit und stellt eine völlig unnötige Zeitvergeudung dar.
  • Wenn du mal nicht arbeitest, hast du oft mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen.
  • Hast du keine Ersparnisse oder Puffer während der Reise und bist auf Einkünfte durch deine Selbstständigkeit angewiesen, können Existenzängste aufkommen. Nicht gerade etwas, das man sich an einem paradiesischen Ort vorgestellt hat.
  • Dein Arbeitsplatz ist unter Umständen nicht der Schönste und Bequemste: Im Dorm auf deinem Bett mit fünf anderen Leuten im Zimmer, irgendwo auf einer Bank mit tausend Moskitos, weil das Internetsignal nur dort gut ist usw.
  • Du bist fast immer auf Internet angewiesen. Längere Aufenthalte in entlegeneren Gebieten scheiden dadurch meist aus, obwohl sie eigentlich gerade spannend sind.
  • Wenn du als Reiseblogger tätig bist, wird es dich möglicherweise ständig weiterziehen, weil du neuen Content brauchst. Der eigene Genuss und das Leben im „Jetzt“ bleiben dabei eher auf der Strecke und du lebst eigentlich ständig in der Zukunft mit der Frage, was als nächstes kommt.
  • Solltest du dir bei dem Leben in der Ferne einen Weg zur Selbstfindung erhoffen, wird dies nur bedingt möglich sein. Persönliche Entwicklung und Wachstum findet am besten statt, wenn man nach innen schaut. Auf Reisen ist man durch die ständige Veränderung und Ablenkung allerdings ständig mit dem Außen beschäftigt und es stellt eine große Herausforderung dar, innerlich zur Ruhe zu kommen.

Mein Fazit zum ortsunabhängigen Reisen und Leben:

»Du lebst meinen Traum!« wurde mir in den vergangenen zwei Jahren unzählige Male entgegengebracht. Natürlich hört sich dieses freie Leben in der weiten Welt toll an, nur hat alles im Leben zwei Seiten. Die beiden entscheidendsten Faktoren für meine Rückkehr nach Deutschland waren zum einen die Tatsache, dass das Reisen und meine große Leidenschaft zu sehr zur Normalität und Gewohnheit wurden. Irgendwann sagt man sich dann nur noch »Ah, noch ein Strand.«, »Ok, noch ein Tempel.« usw. – eine Überdosis, von der ich mich heute immer noch erholen muss. Zum anderen fehlte mir auf Dauer der Austausch mit mir nahe stehenden Menschen, also Freunden, Familie, ebenso wie ein eigener Rückzugsort, in dem sich meine eigenen Sachen befinden und der mir ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit gibt. Ein Leben aus dem Koffer oder Rucksack wäre für mich auf Dauer – jedenfalls allein unterwegs – nicht denkbar.

Nach meiner einjährigen Weltreise, die ich ohne Arbeitszwang während dieser Zeit mit einem Puffer aus Erspartem und dem Erlös meiner verkauften Sachen überbrückt habe, konnte ich mich erst in Deutschland in Ruhe mit den wichtigen Themen auseinandersetzen: Wie möchte ich leben? Wie viel Geld brauche ich? Was ist mir wichtig? Und inzwischen ist eine für mich aktuell optimale Lösung dabei herausgekommen:

  • Ein fester Rückzugsort in meiner Heimat Köln.
  • Über die Einnahmen durch meinen Blog alleine könnte ich (noch) nicht leben, aber er bringt dennoch Geld ein und ermöglicht es mir außerdem, von Zeit zu Zeit ausgewählte und individuelle Pressereisen durchzuführen.
  • Zwei Social Media-Jobs, die ich ortsunabhängig durchführen kann und dir mir meinen Lebensunterhalt sichern.
  • Persönliche Entwicklung durch Weiterbildung, Vorträge, Coachings etc.
  • Geringer und bewusster Konsum.
  • VW Camper für spontane Tages- oder Wochenend-Ausflüge

Ortsunabhängig arbeiten zu können ist für mich tatsächlich der Schlüssel für ein erfüllteres Leben geworden, wenngleich die Selbstständigkeit eine größere Herausforderung darstellt, denn hier landet nicht automatisch am Monatsende eine bestimmte Summe Geld auf meinem Konto. Dennoch macht mir das Leben so wesentlich mehr Freude und mein ganz persönlicher Luxus ist tagtäglich, ohne Wecker aufstehen zu dürfen und erst gegen 10 Uhr entspannt mit meiner Arbeit zu beginnen. Meine optimale Vorstellung wären momentan 6 Arbeitsstunden täglich und das unter Umständen auch an sechs Tagen die Woche, da mir meine Arbeit Spaß macht.

Man muss also nicht zwingend permanent in der weiten Welt unterwegs sein, wenn man ortsunabhängig arbeiten kann. Für mich reicht die Tatsache, dass ich jeden Tag die Wahl und Möglichkeit habe, mich am nächsten Tag in ein Flugzeug oder meinen Camper setzen und eine Reise ins Ungewisse antreten zu können. Ich möchte mich wieder vorher auf ein Ziel freuen können und dann auch mit Leib und Seele in das Land eintauchen – ohne einfach nur einen „Gesehen und weiter“-Haken zu setzen. Wer weiß, wohin die nächste Reise gehen wird…

Der Beitrag Über den Traum vom Leben in der weiten Welt erschien zuerst auf Reiseblog BRAVEBIRD.

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