Naomi

Ein Versuch



Bloggen fällt mir mir schwer momentan, die Erkenntnis ist nicht neu. Dabei ist es inzwischen nicht einmal mehr so, als hätte ich keine Lust oder keine Ideen. Tatsächlich hat meine ohnehin gut gefüllte Entwürfe-Schubladen in den letzten Wochen noch ein bisschen Zuwachs erhalten. Angefangene Posts, denen noch dieses oder jenes fehlt, ohne dass mir in jedem Fall klar ist, was dieses oder jenes sein könnte. Irgendwie kriege ich sie einfach nicht fertig. Nennt man wohl blogger's block...
Vermutlich jeder Schreibratgeber, egal ob Person oder Buch, gibt früher oder später denselben Ratschlag: Einfach drauf los schreiben. Die Uhr stellen, Stift und Papier bereit legen, das Dokument öffnen - wie auch immer - und schreiben, was einem in den Kopf kommt. Genau das will ich heute mal versuchen. Was dabei heraus kommt, wird vielleicht nicht besonders kohärent, ausgefeilt oder sinnvoll sein, aber zumindest wird am Ende etwas dastehen.
In letzter Zeit frage ich mich häufig, ob das Bloggen überhaupt noch was für mich ist. Früher ging das so leicht. Manchmal war ein Post in 15, 20 Minuten fertig. Bild UND Text. Heute kann ich mich teilweise schon am Bearbeiten (sprich: der minimalinvasiven Optimierung) eines einzigen Fotos so lange aufhalten, nur um das Ergebnis am Ende häufig doch wieder irgendwo auf der Festplatte verschwinden zu lassen. Sowieso sind die Fotos immer das, was mich am meisten Mühe kostet. Nicht das Fotografieren an sich, aber der Prozess, der dann folgt. Meine chronische Entscheidungsschwäche zeigt sich zum Beispiel auch bei der Bildauswahl - allein diese Aufgabe überfordert mich bisweilen so, dass ich es dann manchmal ganz lasse. Oder es stellen sich Bilder, die eigentlich ganz in Ordnung wirkten, plötzlich doch als unbrauchbar heraus - oder kommen mir so vor.
Texte waren hingegen bislang so gut wie nie ein Problem. Wenn ich erstmal angefangen hatte, ging das Aneinanderreihen von Worten meist wie von alleine. Natürlich folgt in der Regel zwar auch hier eine Überarbeitung, die mal mehr, mal weniger Zeit kostet und mal mit mehr, mal mit weniger Elan erfolgt. Dass ich aber wiederholt vor einem leeren Post sitze, den blinkenden Curser anstarre und nach einer Viertelstunde, in der ich es zu nicht mehr als drei Satzanfängen gebracht habe, aufgebe, ist neu.
Die Idee, woran das liegen könnte, kam mir am Montagabend, als ich in meinem Seminar über die deutsche Wiedervereinigung über der Semesterabschlussklausur saß: Ich bin aus der Übung. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wuchs meine Verwunderung darüber, dass mir das nicht eher aufgefallen war. Seit Jahren habe ich nicht so wenig geschrieben, an welcher Stelle auch immer, wie in den letzten Monaten. Ende September habe ich mir innerhalb weniger Tage unter enormem Stress eine Hausarbeit über failing fathers in Jane Austens Romanen aus dem Hirn gepresst, aber seitdem...
Beinahe solange ich schreiben kann, führe ich unregelmäßig regelmäßig Tagebuch. Zeitweise täglich an die zehn, fünfzehn Seiten, dann für eine Weile etwas weniger, in den letzten beiden Jahren wieder vermehrt - interessanterweise habe ich gerade diese Hochphasen immer als besonders glückliche Zeiten in Erinnerung. Ob nun das Glück vom Schreiben oder der Schreibdrang durchs Glücklichsein kommt, hab ich dabei noch nicht ganz raus. An einen Zusammenhang glaube ich aber durchaus. Für diese These spricht auch, dass ich im letzten Jahr kaum das Bedürfnis hatte, Tagebuch zu schreiben, auch wenn es ja vielleicht gerade da manchmal hilfreich gewesen wäre. So habe ich in den letzten Monaten jedenfalls nicht mehr als zehn Seiten gefüllt, möglicherweise waren es auch nicht einmal fünf. Um das herauszufinden, müsste ich erst nachsehen. Und dazu das Tagebuch erst einmal finden...
Neben dem Tagebuchschreiben gab es immer das "andere" Schreiben und dann irgendwann das Bloggen. Irgendwo habe ich regelmäßig Wort an Wort und Satz an Satz gereiht. Wenigstens das. Wie sehr mir das fehlt, fiel mir also letzten Montag auf. Als mein Stift so über das Papier glitt und die Sätze sich wie von selbst zu formen begannen, war das ein Gefühl, fremdgeworden und vertraut zugleich, aber vor allem gut. So gut...
* * *
Inzwischen habe ich die vorgesehenen 20 Schreib-Minuten bereits weit überschritten. Ich hab über den Text einmal drüber gelesen, wenig verändert, und obwohl ich mich noch Stunden damit aufhalten könnte, hier oder da etwas anders zu machen, klicke ich nun gleich auf "Veröffentlichen". Nicht so viel grübeln, einfach machen - das ist etwas, woran ich mich 2015 wieder häufiger erinnern will, nachdem mir dieses Motto in letzter Zeit doch ein bisschen abhanden gekommen ist. Mehr tun - mehr versuchen.
Das Wölkchen, das den blaublaublauen Januarhimmel vor meinem Fenster neulich vor der Perfektion bewahrte, und mich beim Ansehen daran erinnert, dass alles ständig in Bewegung ist, dass gute wie vermeintlich schlechte Dinge kommen und gehen, schicke ich zu Katjas Himmelssammlung. Übrigens mein erstes bewegtes Bild im Blog - noch ein Versuch.

Habt ein schönes Wochenende!
Naomi
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