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Deutschland braucht mehr als Douglas und dm - Beauty-Umschwung gerwünscht

MAGIMANIA Beauty Blogzine:

Heute morgen habe ich einen interessanten Artikel in der Washington Post online entdeckt. Die Headline: wie SEPHORA und ULTA es geschafft haben sollen die Beauty-Industrie (US) umzukrempeln.

Der Beitrag selbst animierte mich nach langer Zeit wieder einmal über den status quo in Deutschland zu reflektieren. Bei all der Beauty-Globalisierung vergisst man recht schnell, dass wir “Online-Hobby-Schminker” eine Nischengruppe darstellen und dass man theoretisch auch im “Real Life” einen Ort zum Frönen der Leidenschaft haben könnte.

Der Kern des Artikels für mich ist der, dass beide Beauty-Ketten es geschafft haben etwas am Markt zu stopfen, die bei uns nicht dominanter sein könnte:

Die Lücke zwischen den Drogerien und den Parfümerien

Während man sich in den Gängen von dm, Rossmann & Co. oft im Weg stehend fühlt, wenig qualifizierte Beratung erfährt und nach dem Fast-Food-Prinzip möglichst schnell raus sein soll, schaffen es Douglas, Pieper & Co. sowie auch Counter in großen Kaufhäusern stets einem das Gefühl zu geben zunächst einen “bist Du gut genug”-Check überstehen zu müssen. Viele (sehr viele) von euch haben einst in einem Kümmerkasten-Post bestätigt, dass sie sich in Parfümerien oft unwohl fühlen und deutlich seltener hineingehen, als ihre Freude an Beauty-Produkten es eigentlich triggern würde.

Aber es sind nicht nur diese Gegebenheiten in Deutschland sondern auch der Mangel an Marken, die sowohl das Preisfenster zwischen Low-Budget und Prestige schließen sondern auch ein “hippes” Image mit sich bringen, mit dem Beauty-Enthusiasten sich identifizieren könnten. Mir fallen da ad hoc nur MAC, Benefit und nun endlich auch URBAN DECAY ein. Der Artikel trifft den Nagel auf den Kopf, was unerfüllt verbleibt:

Ein Ladengeschäft mit Marken, die die Begeisterung eines kleinen Mädchens teilen, die nach Herzenslust mit Mamas Beauty-Etui spielen darf

Es gibt nur wenige Geschäfte, die so etwas in Deutschland auch nur ansatzweise erfüllen. Mir fallen eigentlich nur Stores mit Profi-Bedarf wie die KRYOLAN City oder Maske Berlin ein (die ich nur von der Messe her kenne). Und auch da fühlt man sich als Laie nicht 100%ig richtig aufgehoben. Es fehlt an attraktiven Verpackungen und endanwenderorientierten Kampagnen. Durch den Artikel wurde mir erst so richtig bewusst:

Ja, im Sephora habe ich mich genau richtig aufgehoben gefühlt – unter Gleichgesinnten und als Kundenzielgruppe.

Immer wieder merke ich, welche “Wunde” NARS’ Rückzug aus Deutschland bei mir hinterlassen hat. Damit meine ich nicht, dass ich die Produkte vermisse, sondern das Signal, dass sie damit gesendet haben: Der deutsche Beauty-Markt ist nicht interessant für “coole” Marken. Und nun frage ich mich, ob es wirklich nur wir deutschen Kunden sind, die hier anders ticken oder hat auch der Platzhirsch DOUGLAS die Nachfrage so modelliert, dass Kundinnen gar nicht erst auf die Idee kommen, dass es da draußen mehr gibt als das Leaping Bunny, Schnäppchen und große Markennamen. Denn das scheinen mir

die drei dominanten, typisch deutschen Nachfragepunkte in Deutschland zu sein

  • möglichst reines Gewissen
  • möglichst kleiner Preis
  • oder möglichst image-trächtiges Label

Der Artikel gibt mir Hoffnung, dass es auch im Beauty-Wunderland USA einmal anders war – dass es auch da eine unbediente 4. Zielgruppe gab:

Die verspielten, experimentierfreudingen Tuschkastenpatscherinnen, die Makeup als das Instrument gewählt haben, um sich selbst auszudrücken.

MAC macht mit ihren Countern vor, was mit SEPHORA flächendeckend erfüllt wird. Es steht einem eine gleichgesinnte und ausgebildete BEAUTY-Fachkraft zur Seite. Und natürlich hat sie viele, bunte Smarties MACies zum Spielen dabei. Bei Parfümerieangestellten hat man eher das Gefühl von einer waschechten Verkäuferin bedient zu werden. Der Eindruck, den die meisten Parfümerieverkäuferinnen auf mich hinterlassen, ist ein nicht zeitgemäßes Makeup (samt entsprechenden Tipps wie dunklere Foundation, um “gesünder” auszusehen) und ein selektiver Blick: “Bist Du wirklich CHANEL genug?”. Ich fühle mich meist deutlich zu jung, um Zielkundschaft zu sein.

Gemeinsam haben die Angestellten gewiss alle, dass sie uns etwas verkaufen wollen und auch in einem Sephora (gehört übrigens zu LVMH) muss es nicht zwangsläufig immer die beste Beratung für uns sein. Jungen Artists fehlt eben auch die Erfahrung – talentierte und gute Artists bleiben vermutlich nicht gern lange Verkäuferin. Wenn aber die Kundin Spaß am Ausprobieren hat, sich willkommen fühlt und häufig vorbeischaut, wird sie schnell selbst lernen, was sie mag, was ihr steht und was ein Produkt mitbringen kann und was nur Show ist.

SEPHORA 5th Ave, New York City

Meine Sehnsucht nach SEPHORA in Deutschland war eigentlich schon erloschen – mangels Hoffnung. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich mein Glück online finde. Aber es tut sich was… URBAN DECAYs Ankunft ist immerhin schon ein positives Zeichen.

Auch bei Douglas hat sich in letzter Zeit einiges geändert: die Holding hat kürzlich CHRIST und HUSSEL abgestoßen. Die Filialen wurden in den letzten Jahren gemütlicher und das online Sortiment wächst und wächst – von Deko über Schmuck & Accessoires bis zu immer wieder neuen Marken. Man munkelt ANASTASIA Beverly Hills würde wiederkommen (bisher z.B. bei Niche Beauty und QVC in Deutschland – aber auch bei Douglas Niederlande). Dass diese Maßnahmen damit einhergehen, dass man ausschließlich eine neue Zielgruppe begrüßten möchte, will ich jedoch anzweifeln.

Der DOUGLAS Beauty Blog ist eigentlich ein begrüßenswerter Schritt. Die Besetzung der Redaktion durch Fashion Blogger zeigt jedoch, dass man Lifestyle und nicht Kreativität verkaufen möchte. Ist aber dieser erlesene Kreis von Designer-Brand-Nutzerinnen mit austauschbaren klassischen Makeups genau das, was viele Frauen vom Betreten der Filialen hindert? Kunterbunte Makeups und exzentrische Techniken könnten die Red-Carpet-Illusion womöglich stören.

Es gibt da natürlich noch “die anderen” Parfümerien, Pieper, Akzente, Parfümerien mit Persönlichkeit. Leider kenne ich von diesen nur wenige, hatte aber bis auf die andere Einrichtung nicht das Gefühl, dass es wesentlich anders sei als Douglas.

Einzig MÜLLER schafft es meinem Eindruck bisher eine gewisse Lücke einzunehmen. Doch anstatt dem besten beider Konzepte verkörpert es eher das Gegenteil – von sexy Ambiente und Animation zum Spielen keine Spur. Immerhin geht es zu Gunsten der Preise. Es kann doch aber nicht sein, dass “Preisbewusstsein” das einzige ist, was die deutsche Kundin laut Klischee antreibt?

Konkurrenz belebt das Geschäft – vom Wettbewerb der Anbieter können wir profitieren. Vielleicht würde sich dann auch endlich etwas an der seltsamen Preispolitik für Beauty-Produkte in Deutschland ändern. Denn dieses Ausschließen von Beauty Brands aus Rabattaktionen und wenigen Sales im Vergleich zu anderen Ländern empfinde ich als sehr “unnatürlich”.

Zugegeben agieren wir Online “Beauties” in einem eigenen Mikrokosmos. Aber wenn wir so viel Freude an dem haben, was wir tun, gibt es da draußen auch sicherlich genug “Offline-Mädels”, die Freude an dieser 4. Fassette des Shopping-Erlebnisses hätten. Ich bin mir sicher, wir alle würden von der Erschließung profitieren, wie es der Artikel es für die USA auch bezeugt. Ob sich ein mutiger findet, der diesen risikoreichen Weg einschlägt, bleibt abzuwarten. Schön wäre es natürlich wenn SEPHORA wiederkommen würde (ja, sie waren schon hier). Ich habe einzig Gerüchte aufgeschnappt, man habe sich sich auf einen Rückzug geeinigt im Gegenzug dafür, dass eine gewisse Parfümeriegröße sich dafür nicht im europäischen Ausland breit macht. Klingt logisch, ist aber nicht offiziell. Als Laie kann ich natürlich nur spekulieren, aber würden solche Gerüchte ein Abkommen dieser Art nicht zu unserem Gunsten hinfällig machen :-P ?

Was würde also so ein auf mich zugeschnittener Shop erfüllen

  • die besten traditionellen Marken, die eine große Altersgruppe abdecken wie Lancome, Guerlain, Dior, YSL etc.
  • vorzugsweise keine “Kinderschminke” oder arg angestaubte Brands wie L.A. Girl (der klägliche Versuch mit einer drittklassigen Girlband als Testimonials im Douglas – erinnert sich wer?) und auch kein Helena Rubinstein und 500€-Hautcremes bitte
  • Trendmarken im Fokus a la MAC, Make Up For Ever, Tarte und Urban Decay
  • ausländische Kultmarken wie Etude House, Paul & Joe, Make Up Store etc.
  • Nischenmarken – gerne verwerfen, was nicht klappt, wie einst LIME CRIME bei Zalando, aber eben auch OCC, Sugarpill, Colour Pop etc.
  • Pinsel Pinsel Pinsel – damit frau lernt, dass Ebelin nicht die Spitze des Eisbergs ist
  • ein modernes Ambiente mit kreativen Makeups als Magnet und nicht durch Photoshop verzerrte Schönheitsideale für die Frau jenseits der 50 in nude nude nude…
  • Kundentreueprogramme, Goodies und Abfüllungen von Foundations (ist doch kein Ding die INCI mal schnell auszudrucken)
  • Schminkkurse und junges, gut ausgebildetes Personal
  • eine enge Verknüpfung mit dem Online-Angebot, was sicherlich die Finanzierbarkeit des Ganzen unterstützt
  • zentrale Location – bitte nicht nur in Randviertel-Malls
  • ach, und vieles, vieles mehr…

Es ist zu kurz gedacht, sich einfach nur einige Marken in Deutschland zu wünschen. Wir dürfen ruhig großspuriger denken und uns ein Umkrempeln der Landschaft erhoffen. Der Wandel könnte erfreulich sein. Wie sind eure Visionen? Seht ihr Anbieter, die das Potenzial hätte eine deutsche Version von Sephora und Ulta zu sein oder gibt es sie schon und ich übersehe sie? Wo fühlt ihr euch ehrlich wohl beim Beauty-Shopping?

Der Artikel Deutschland braucht mehr als Douglas und dm wurde von Magi verfasst und ist im Original auf MAGIMANIA Beauty Blogzine erschienen. Dieser Beitrag untersteht dem Urheberrecht.

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