Jeder Tag ein Freitag

Das erfolgreiche Zürcher Taschenlabel Freitag schlägt ein neues Kapitel auf: Ökologische Kleider, die vollständig biologisch abbaubar sind. Die Entwicklung der geeigneten Materialen hat fünf Jahre gedauert.

Flachsfeld in der Normandie inkl. der Gebrüder Freitag.

Freitag kennt mittlerweile jedes Kind, ist man versucht zu sagen, wenn von der Zürcher Marke die Rede ist. Die Geschichte der Gebrüder Freitag, die 1993 begannen LKW-Planen zu Kuriertaschen zu verarbeiten und damit weltweit Erfolg feiern, ist beinahe Schweizer Allgemeinwissen. Vom einem Taschen-Urmodell ist die Palette heute auf über fünfzig verschiedene Modelle angewachsen. Es gibt von der Handy-Hülle bis hin zur grossen Reisetasche für jedes Transportbedürfnis ein passendes Produkt von Freitag. Das Recycling von LKW-Planen, Fahrradschläuchen und Auto-Sicherheitsgurten traf damals wie heute den zeitgeistigen Nerv einer Gesellschaft, welche die Kombination von Nachhaltigkeit, Funktionalität und schönem Design schätzt. Der Beweis, dass sich Ökologie und Wirtschaftlichkeit nicht ausschliessen mussten, war erbracht.

Flachsballen, aus denen später Freitag-Kleidung wird.

Das Prinzip Freitag

Doch wie schreibt man eine globale Erfolgsgeschichte made in Switzerland weiter? Ob sich die Gebrüder Freitag diese Frage gestellt haben, wissen wir nicht. Was sie jedoch nachweislich beschäftigt hat, war die Frage, wie man die eigenen Mitarbeiter richtig gut und gemäss den Prinzipien von Freitag einkleiden könnte. Denn es konnte nicht sein, dass das Unternehmen, das jährlich 440 Tonnen LKW-Planen wiederverwertet und auf dem Fabrikdach Regenwasser für die Waschdurchgänge sammelt, keine Lösung für eine sinnvolle Arbeitskleidung bereit hatte. Die Angebote der globalisierten Textilindustrie aus Bauwolle und Synthetikfasern waren den zwei vielfach ausgezeichneten Pionieren ein Graus. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Kleider für ihre Angestellten selber zu entwickeln. Sie stellten ein kleines Team aus Textilexperten zusammen und setzten sich zum Ziel, solide Kleider herzustellen, deren Verarbeitung so schonend, sauber, fair und regional wie nur immer möglich erfolgen sollte.

Der Broken Twill für Freitag-Kleidung in industriegrün, der Lieblingsfarbe der Brüder.

So entstand «F-abric», wie Freitag den selbst entwickelten Baukasten aus drei robusten Geweben nennt, die aus Mischungen von Leinen, Hanf und Modal – einem Garn aus Buchenholz – hergestellt werden. Der Anbau von Bastfasern wie Flachs (Leinen) und Hanf kommt fast ohne Pestizide aus und bedarf viel weniger Wasser als die einfacher zu verarbeitende Bauwolle. Die drei entwickelten Stoffe – dicht und scheuerfest für Hosen, weich und atmungsaktiv für T-Shirts und reissfest zur Fütterung – sind strapazierfähig und allesamt vollständig biologisch abbaubar. Letzteres bedeutet, dass sich die Kleider auf einem Komposthaufen innerhalb von wenigen Monaten komplett zersetzen, genau wie organische Küchenabfälle.

Hosenknopf zum Abschrauben

Nebst den verwendeten «F-abric»-Stoffen mussten dazu auch die Knöpfe, das Webband, das Etikett und das Nähgarn problemlos kompostierbar sein – und das sind sie auch. Bei den Knöpfen kommt Steinnuss zum Einsatz und genäht wird mit einem Garn aus Zellulosefasern. Einzige Ausnahme ist der patentierte abschraubbare Hosenknopf aus Metall. Die Transportwege entlang der Produktionskette sind für die Textilbranche extrem kurz, da sowohl die Bastfasern als auch das Modal aus dem nahen Europa stammen und alle Verarbeitungsschritte nie weiter als 2’500 Kilometer von Zürich entfernt erfolgen. Im Weiteren wird der Einsatz von Chemie so gering wie möglich gehalten, indem nicht gebleicht wird, was die «F-abric» Stoffe wiederum für Babys und Kleinkinder unbedenklich macht.

In der italienischen Fabrik.

Quantensprung für die Textilbranche?

Fünf Jahre dauerte die Entwicklungsphase von der Idee zu den ausgereiften «F-abric» Stoffen und den ersten fertigen Hosen und T-Shirts. Getestet wurden die Prototypen von Mitarbeitenden im Arbeitsalltag sowie von Daniel und Markus Freitag selber. Wichtig war nicht nur die Belastbarkeit sondern auch der Style. Denn nichts verlässt die Freitag-Welt, das den beiden Creative Directors selber nicht gefällt. Für Freitag sind die «F-abric» Stoffe keine blosse Produkterweiterung, sondern vielmehr ein komplett neues Unternehmenskapitel mit allen erdenklichen kreativen Freiräumen, die eine solche Gelegenheit bietet. Und wer weiss, vielleicht markieren die «F-abric» Stoffe einen Quantensprung für die Textilbranche insgesamt.

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