Krawatten – ein Style-Guide

Die Verwendung von Krawatten weist eine lange Tradition und mittlerweile globale Verbreitung auf. Bei der Tradition handelt es sich um eine ältere, als man denkt: Der erste Einsatz des nachhaltig beliebten Kleidungsstückes für den Herrn soll schon im einstigen Römischen Reich stattgefunden haben, allerdings in noch modifizierter Form. Gleich blieb jedoch der Sinn, nämlich dem Anlass des Tragens auch optisch eine Aufwertung zu verleihen und Besonderes auszuzeichnen durch die eigene Aufmachung: ein Zeichen der persönlichen Wertschätzung des Anlasses und seiner Teilnehmer.

Im 17. Jahrhundert erschien eine Truppenparade vor König Ludwig XIV., mit weißem Stoff am Kragen und begeisterte ihn so sehr, dass er diese Aufmachung an seinem Hof einführte und es sich zu einem Symbol für den gehobenen Status entwickelte. Er stellte in der Folge einen eigenen „Cavatier“ an, der ihm täglich eine Auswahl an den Krawatten-Vorläufern zur Auswahl aufbereitete. Der Garderobenmeister legte sie ihm an, doch der Cavatier hatte die Pflicht, das Ergebnis zu kontrollieren und gegebenenfalls anzupassen. Damit soll es sich um die eigentliche Geburtsstunde der Krawatte handeln, welche zumindest gehobene Schichten am gesamten Erdball heute für sich anerkennen.

Damit erfüllt sich dauerhaft der Sinn und Zweck – das Tragen einer Krawatte verleiht nach außen eine Aufwertung des Anlasses. Aus diesem Grund sollte jeder Mann, selbst der junge, schon zumindest ein adäquates Produkt im Kleiderschrank bereithalten. Zu guter Letzt wertet er so seine Präsenz und seine Person genauso auf.

Die definitive Ausprägung ging von Amerika aus und setzte in den Zwanzigerjahren ein: Jesse Langsdorf aus New York setzte er sich als erster Krawattenerzeuger durch und etablierte das Grundmodell von heute nachhaltig. Als „Grundmodell“ ist zu verstehen: eine Länge von zirka 145 Zentimetern, wobei die Breite durchaus zwischen nur 2 und 15 Zentimetern angesetzt werden kann. Er stellte seine Produktion mit einem ganz neuen Verfahren her, welches auch noch im 21. Jahrhundert als ideal gilt – seine Krawatten bestehen aus drei gestückelten Teilen, um ein völliges Verdrehen nach dem Binden hintanzuhalten. Dieses ließ er patentieren.

Krawatten binden: 188 Knoten bieten sich an

Der perfekteste Krawattenbinder unter uns wird kaum die gesamte Kunst der Krawatten-Knoten beherrschen – nicht weniger als 188 Wege gibt es, dem gewünschten Stil Rechnung zu tragen. Zugegeben: Viele deren ähneln sich stark. Hierzu ist es auch Literatur erhältlich, so dass der Interessierte in die Materie tief einzutauchen vermag und jeden Kenner im Gegenüber gewiss beeindrucken wird. Manchmal sind es nur Nuancen, die uns vom Erfolg trennen – ein richtiges Einschätzen der Lage und das Vorliegen eines fundierten Stil-Guides vorausgesetzt können somit alles entscheidende Unterschiede bewirken.

Krawatten von heute – das Repertoire am Markt

Die jeweils erhältlichen Produkte sind im Grunde an die aktuelle Mode angepasst und doch macht auch hier die richtige Auswahl gravierende Unterschiede. Voraussetzung bei allen Akzenten ist die richtige Verarbeitung und adäquate Qualität des Materials, welche bei allen Stilrichtungen dieselben Merkmale aufweisen. Es handelt sich um die Basis des perfekten Auftritts.

Wie erkenne ich eine qualitativ hochwertige Krawatte?

Beim Material ist es relativ einfach – als hochwertig gilt heute Wolle oder Seide ohne sonstige Zusätze. Eine gute Verarbeitung selber zu erkennen, ist weniger eindeutig aber möglich:

Wie bereits oben angesprochen liegt der Mindeststandard in drei zusammengenähten Teilen um Überlappen nach dem Knotenbinden zu verhindern. Wessen „gutes Stück“ diesem Erfordernis nicht Rechnung trägt, dem sei nur eines zu raten: es nicht zu tragen. Die Teile sind typischerweise mit der Maschine genäht und bringt sauberste Übergänge. Die Naht aber, welche an der Innenseite alles vereint, sollte nicht maschineller Natur sein – Handarbeit ist hier ein mitunter sichtbares Zeichen von Perfektion.

Weiter ist es die Schlaufe namens „Passantino“, am breiten inneren Ende, durch welche man das schmale Ende hindurch fädelt und eine besondere Kontrolle erfordert. Hier gilt die „Seven-Fold“-Methode als ideal: Bei Seidenkrawatten handelt es sich dabei um ein Tuch, welches nicht weniger als sieben Mal gefaltet ist. So wird ein unvergleichbarer Effekt erzielt, der sich am ersten Blick von anderen Verarbeitungsformen abhebt.

Eigenhändige Material-Tests

Bei Wolle reibt man mit den Fingern am Stoff, ist gewisse Stärke fühlbar, der Begriff „kernig“ vermag hier den Unterschied sehr gut wiedergeben. Seidenerzeugnisse sollten leicht knistern. Beide Vergleiche sollte man bei Produktionen ausprobieren, deren verwendetes Material rein ist und ein Vergleich mit minderen Produkten durchgeführt werden. Wer den Unterschied fühlbar erkennt, dürfte auch künftig in der Lage sein, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Anforderungen bei formellen Anlässen

Für förmliche Anlässe zählen noch immer bedruckte Seidenkrawatten als Spitzenreiter. Geschäftsanzüge und helle Hemden werden neben besonderen Wollmischungen vor allem mit Krawatten aus Kaschmir und Schurwolle kombiniert. Einfarbig dürfen sie auch zu Hemden mit Mustern verwendet werden – alles andere wäre aber ein Stilbruch.

Weniger formell sind Wollkrawatten, sie sind eher für informelle Anlässe geeignet, die allerdings oft nicht von minderer Bedeutung sind – hier sind wollige Materialien mit hochwertigen Westen ein Zeichen der Wertschätzung privater Übereinkünfte, wie etwa beim Empfang von besonderen Gästen im eigenen Heim. Jedenfalls macht die Kombination mit der Kleidung immer das Ergebnis aus. Formelles Auftreten bedarf strikter Regeln – so ist farblich hier genau aufzupassen, indem ein Farbton der Jacke oder des Hemdes bei der Krawatte wiedergegeben werden muss.

Dominanz in der Aufmachung ist im Geschäftsleben ein Signal von Größe, Stärke und Überlegenheit. Während bei manchen politischen Zusammenkünften dieser Eindruck je nach Anlass eher gering zu halten ist, gilt im Geschäftsleben dieser Ausdruck oft als gelungener Schachzug: eine breite Krawatte oder starker Kontrast in der Farbwahl wirken dahingehend auf den Betrachter ein und entfalten ihre Wirkung auch im Unbewussten.

Das Gegenteil von Dominanz, in Form der klassischen Maße und dezenten Tönen, ist ebenfalls richtig einzusetzen – etwa dann, wenn man Einigkeit mit dem Gesprächspartner signalisieren sollte oder Angepasstheit, Gleichwertigkeit oder Gemeinsamkeit in den Vordergrund zu stellen hat. Wer besonders auffällige Kombinationen wählt – etwa in Künstlerkreisen – sollte sich des Effekts bewusst sein und diesen nur gewollt erzielen. Für alle gilt jedoch die Grenze bei der Anzahl von Farben mit maximal zwei.

Hemd und Krawatte: ein besonderes Verhältnis

„Gegensätze ziehen sich an“ – dieses Sprichwort entfaltet zumindest bei diesen beiden Kleidungsstücken ihre Richtigkeit und sollte geradezu als Motto bei der Kombination gelten. Freilich sind auch hier Grenzen gesetzt: Stilbrüche oder unterschiedliche Qualitäts-Standards sind nicht gemeint. Als Grundregel gilt: Das Muster der Krawatte muss imposanter wirken als beim Hemd. Dunkle, seriöse Farbtöne des Hemdes ergänzen sich auch mit Punkten oder eher fantasievoller Ausgestaltung der Krawatte sehr gut.

Typische Krawattenmuster

College-Streifen – gemeint sind Diagonalen von der linken Schulter in Richtung rechter Hüfte: Es gibt kaum unpassende Anlässe für die Wahl dieser klassische Ausgestaltung. Sie können aber bei gleichzeitig starker Akzentuierung des Hemdes einen überladenen Eindruck vermitteln. Diagonalen haben auf den Körper und das Gesicht einen Effekt, der sie schmäler wirken lässt – für fülligere Herren also absolut zu empfehlen. Wer aber einen eher schmaleren Körperbau mitbringt, ist mit anderen Varianten besser bedient.

Einfarbige Krawatten: Sie dürfen zu einem gemusterten Hemd getragen werden. Man kann auch auf Modelle zurückgreifen, die in sich gemustert sind – in diesem Fall muss aber bei der Auswahl des Hemdes doch auf eine gewisse Harmonie geachtet werden.

Karo: Der Clou bei Karomustern liegt in einer optischen Hebung des Brustkorbes und gewisser Dominanz. Auch zeugen sie von einem gewissen Eigenleben und setzen starke Kontraste. Das Hemd sollte hier eher einfarbig oder in sich gemustert sein – es sei denn, die Muster erzeugen auch mit der Krawatte harmonische Ergebnisse.

Punkte: Hier ist die Größe der alles entscheidende Faktor, ob und wie sie ohne Risiko einsetzbar sind. Umso größer die Punkte, umso schwieriger ist ein Ausgleich mit den anderen Kleidungsstücken zu finden. Sofern man sich in keiner Ausnahmesituation befindet, wo diese Wirkung bewusst herbeigeführt werden soll, sind sie vorsichtig zu genießen.

Checkliste vor dem Tragen

  • Passen die Maße der Krawatte zum eigenen Körperbau? Auch sie ist ins Verhältnis zu den eigenen Dimensionen zu setzen. Mit einer Länge, die möglichst in der Mitte der Gürtelschnalle endet und einer Breite von maximal 9 cm ist man immer auf der sicheren Seite.
  • Rote Krawatte? Vorsicht – die Dominanz eines satten Rot sollte man dem faktisch Stärksten einer hierarchisch geordneten Gesellschaft, wie im Geschäftsalltag, vorbehalten: dem Boss. Farben mit „integrativer“ Ausstrahlung wären etwa Weinrot, Dunkelgrün oder Beige. Dasselbe gilt für Treffen, welche den Abschluss einer Vereinbarung mit gleichwertigen Partnern zum Ziel haben.
  • Gemusterte Krawatte? Auf der sicheren Seite ist man hier mit einem weißen Hemd. Woll- oder Tweed-Sakkos integrieren den Blickfang außerdem in ein unbedenkliches und harmonisches Gesamtbild.

Wie bei allen Kleidungsstücken ist es letztlich der Besitzer, dessen Handhabung sich für das Äußere verantwortlich zeichnet – so ist bei der Pflege je nach Material vorzugehen. Als heißer Tipp zum Glätten gilt aber unisono die räumliche Präsenz der Krawatte beim Duschbad. Die dortige Luftfeuchtigkeit entfaltet intensive Wirkung und nimmt jegliches Risiko, dem so gut wie jede hochwertige Krawatte beim Einsatz eines Bügeleisens ausgeliefert wäre.

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Copyright: Titelbild – Wahlmöglichkeit / Option von to.wl – Flickr / Artikelbild – Neue Krawatte von Björn Seibert – Flickr

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