Ich seh' etwas, was du nicht siehst - Polfilter



Filter werden in der digitalen Zeit immer seltener benutzt. Viele Filter sind tatsächlich überflüssig geworden, da man sie mit der digitalen Nachbearbeitung recht einfach ersetzen kann. Farbfilter? Ersetzbar. Viele sind auch der Meinung, dass alle Filter außer den Graufiltern ersetzbar seien.

Ich sehe das anders.

Seit wenigen Wochen bin ich im Besitz eines einfachen Polfilters - entschuldigt - Polarisationsfilters. "Pol" ist nur die Abkürzung für Polarisation. Denn hier geht es nicht um schmelzende Polkappen, sondern um polarisiertes Licht. Unser Filter kann nun dieses Licht irgendwie herausfiltern.

Doch hier müssen wir von vorne anfangen und uns die Frage stellen, was denn polarisiertes Licht ist. Vielleicht auch erst einmal:

Was ist Licht?

Licht ist eine elektromagnetische Welle. Stellen wir uns diese Welle nun mal ganz, ganz simpel vor.
Ja, genau so:


So sauber geht dies beim Licht aber nicht zu, es schwingt in alle Richtungen und sieht nach einem heillosen Durcheinander aus:


Dieses Licht nennen wir unpolarisiert. Es schwingt wie gesagt in alle Richtungen, ohne eine Richtung zu bevorzugen.

Den Polarisationsfilter stellen wir uns nun wie eine Jalousie mit gaaaanz schmalen Schlitzen vor. Wir lassen nur noch die Wellen hindurch, die die gleiche Richtung wie unsere Jalousienschlitze hat. Und schon ist alles ein wenig geordneter:


Wir haben nun polarisiertes Licht.
So bringt uns das aber noch nicht viel - unser Bild ist nun ein wenig dunkler, weil Licht abgeschnitten wird - aber einen Effekt sehe ich nicht. Was nun?

Wir schicken unser polarisiertes Licht durch noch einen Polarisationsfilter. Verdrehen wir diesen um 90°, sollte fast alles Licht geblockt werden. Es wird dunkel!


Übrigens: Auf diese Weise funktionieren die Brillen für die 3D-Filme im Kino. Die beiden Brillengläser sind Polarisationsfilter, welche jeweils nur eine Art der Polarisation hindurch lassen. Da der Film zwei "Bildspuren" hat, die unterschiedlich polarisiert sind, sehen wir nur noch mit jedem Auge eine Spur. Unser Gehirn bastelt sich hier das 3D-Bild zusammen. Sitzt ihr vor einem LCD? Dann habt ihr gerade auch einen Polfilter vor der Nase. Wenn ihr euch dafür interessiert, dann schaut doch mal bei Kopfball rein.

Merke: Um einen Effekt mit dem Filter zu sehen, brauchen wir bereits polarisiertes Licht.

Wo finde ich nun polarisiertes Licht?

Polarisiertes Licht ist in unserem Alltag gar nicht so selten, wie man denkt. Nahezu jede Reflexion erzeugt einen gewissen Anteil an polarisiertem Licht (sofern das Material nichtmetallischer Natur ist). Der Winkel, unter dem der Anteil an polarisiertem Licht am Größten ist, ist der Brewster-Winkel. Ihr braucht jetzt nicht die Physik dahinter zu verstehen - ich möchte nur klar machen, dass es nicht unter jedem Winkel perfekt funktioniert. Grob gesagt: Bei Winkeln um die 30°-40° (zur Oberfläche hin) ist das Licht möglichst stark polarisiert.

Des Weiteren - und das wissen einige gar nicht - ist das Himmelblau teilweise polarisiertes Licht. Durch die Lichtbrechung in der Atmosphäre wird das Licht ebenfalls polarisiert. Mit Hilfe eines Polarisationsfilters können wir den Himmel dunkler machen und Wolken somit stärker hervortreten lassen. Dies funktioniert am besten, wenn die Sonne entweder genau links oder rechts von uns steht. Dennoch - der Effekt ist minimal. Dies kann man auch recht einfach in der Nachbearbeitung machen...

Bei einem Regenbogen soll dieser Effekt stärker zu sehen sein, da die Farben genau dann verstärkt werden, wenn das Himmelblau ein wenig unterdrückt wird. Leider konnte ich dies noch nicht testen :)
Aber wenn ich einen erwischen sollte, melde ich mich!

Reflexionen sind in einem Winkel von 30°-40° polarisiert, wir können sie also durch den Polarisationsfilter minimieren / maximieren. Dies funktioniert allerdings nicht bei Metallen.

Was heißt das nun für uns?

Wenn wir einen See fotografieren möchten, spiegelt sich oft der Himmel im See. Das kann toll sein, aber vielleicht wollen wir das überhaupt nicht. Hier kommt der Polarisationsfilter ins Spiel und kann uns ein wenig von dieser Spiegelung entfernen. Oder eine Landschaft ist feucht vom letzten Regen und reflektiert zu stark das Licht, sodass alles ein wenig fad und farblos wirkt.

Im folgenden Bild konnte ich mich bei der Aufnahme nicht entscheiden: Will ich die Spiegelung auf dem Wasser, oder nicht? Wie ihr seht, ändert sich auch die Helligkeit und Zeichnung im Himmel. Um den Effekt zu beeinflussen, muss ich den Filter nur drehen. Denkt einfach an eine Jalousie, dann klappt's schon ;)


Wo kann ich den Filter überall einsetzen?

Kurz gesagt - überall. Am besten testet ihr selbst, wie stark der Effekt ist. Habt ihr schon einmal versucht, durch eine Glasscheibe zu fotografieren? Zum Beispiel im Zoo oder daheim, falls ihr ein Aqua-/Terrarium habt. Der Effekt eines Polfilters ist durchaus praktisch:


Auch zum Fotografieren von Pflanzen eignet sich dieser; Hier mal Testfotos der regennassen Pflanzen im Garten:



Ihr seid Portraitfotografen und denkt, er wäre sinnlos? Naja, das müsst ihr selbst entscheiden. Doch wie oft macht man draußen in der Natur Fotos? Oder von einem Model im See? Natürlich könnt ihr auch 2h vor dem Computer sitzen und das Wasser verdunkeln um das Model hervorzuheben. Oder ihr vereinfacht euch die Nachbearbeitung, indem ihr schon einmal mit dem Polarisationsfilter eine bessere Grundlage schafft.

Auch wenn ich selbst ein großer Fan von Photoshop bin - es geht doch nichts über ein kleines bisschen hilfreicher Physik.

Zusatzinfo:

Ich habe dies nun so erklärt, als hätten wir nur linear polarisiertes Licht und lineare Polarisationsfilter. In der Realität jedoch schrauben wir vor unsere Kamera keinen linearen, sondern einen zirkularen Polarisationsfilter. Der filtert weiterhin linear polarisiertes Licht, gibt hingegen zirkular polarisiertes Licht (wie eine Schraube vorstellen!) aus. Dies ist wichtig, da Autofokus und Belichtungsmessung ansonsten nicht mehr zuverlässig funktionieren. Achtet also beim Kauf darauf, dass euer Filter ein zirkularer ist! ;)
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