Die Entstehungsgeschichte des sogenannten „Trinkgeldes“ ist eigentlich eine nicht schön: Vor gar nicht allzu langer Zeit war es ein mit Entwürdigung verbundener Akt, als „gehobene Gesellschaften“ ihren Dienern einige Münzen zuwarfen. Sie sollten sich nach Dienstschluss zumindest betrinken dürfen.
So etablierte sich der Name dieser Geste, die innewohnende Abwertung ist allerdings heute in der Wahrnehmung ihr Gegenteil verkehrt worden. Heute gibt es kaum einen Ort auf der Erde, wo es sich nicht um eine nette oder sogar notwendige Geste handelt oder gar einen nicht unwesentlichen Teil des Einkommens von Dienstleistern ausmacht.
Vorsicht aber im asiatischen Raum – dort gibt es sehr wohl Gegenden, wo man mit der Gabe von Trinkgeldern ein herabwürdigendes Zeichen setzen würde, doch dazu später.
Der gesamte Bereich der Gastronomie, Hotel- und andere Reisedienstleister, Taxifahrer, Schiffspersonal, der Bereich rund um Wellness- und Schönheit inklusive dem Friseursalon. Freilich erhält immer nur so ein Personal Trinkgelder, welches direkt mit dem Kunden beschäftigt ist.
Dem Inhaber wird kein Schein zugesteckt – allerdings gibt es gewisse Ausnahmen, wo vereinzelt besondere Zuwendung zuteilwird. Solche Sonderfälle gehören aber nicht zum guten Ton, sondern gründen sich einzig auf wahre Dankbarkeit oder Zufriedenheit für besonders gelungene Leistungen und lassen sich auch nicht vom Charakter des typischen Trinkgeldes beschreiben.
Der Höhe nach ist eine Differenzierung nach konkreter Leistung zulässig und innerhalb des guten Tons. Im 1-Euro-Bereich liegen: Thekenkraft pro vereinzelt serviertem Drink, der Toilettendienst, Portiere bei Taxibesorgung, 1 bis 2 Euro oder Dollar gibt man pro verbrachter Nacht dem Zimmermädchen, Parkhilfen, Garderobenpersonal, Housekeeping im Hotel, also wenn jemand Sonderwünsche, wie zusätzliche Decken, überreicht. 1 bis 5 Euro erhält ein Zugschaffner für diverse Hilfsdienste. Beim Schiffspersonal greift man bereits auf Prozentsätze zurück – hier aber mit 5 Prozent in der Höhe berechnet von den Reisekosten.
Als generelle Richtschnur darf man von 10 Prozent der Gesamtsumme ausgehen. Ausnahmen: USA, Großbritannien und Irland sowie China, Japan und arabische Staaten.
In den USA wird die Gabe von Trinkgeldern bei der Entlohnung bereits eingerechnet – die Bediensteten erhalten weniger Lohn. Trinkgeld ist daher ein „Muss“ – genannt „gratuity“ oder „tip“, handelt es sich um keine besondere oder wertschätzende Geste sondern, im Vergleich zu anderen Ländern, um eine Ersparnis für den Betrieb. Und 10 Prozent wären hier nicht ausreichend, es sind 15- 20 Prozent einzuplanen.
Großbritannien und Irland schaffen bei dieser Tradition einen gewissen „Spagat“ zwischen den Kulturen: Das Trinkgeld kommt als „service charge“ mit auf die Rechnung, erfüllt ähnliche Zwecke wie in den USA und kann daher als einfach höherer Preis betrachtet werden. Dafür wird wie sonst in Europa mit 10 Prozent gedeckelt. Findet sich der Zusatz nicht als Bestandteil der Rechnung, läuft es wie hier: 10 Prozent sind üblich und dem Mitarbeiter direkt zu übergeben.
Asien – die Unterschiede: Typische Tourismusgebiete ausgenommen in China und Japan, also etwa Thailand oder Malaysia, haben zwar keine Traditionen in Sachen Trinkgeld, sind aber mittlerweile an die Gabe von Trinkgelder gewohnt.
China und Japan kennen die Geste zwar ebenfalls, aber sie konnte sich nicht etablieren – zu groß sind die charakteristischen Unterschiede und im Einzelfall kann es beleidigend sein, Trinkgeld anzubieten. Dort ist es üblich, Geschenke zu übergeben. Auch kleine Präsente sind nicht nur ein gangbarer Weg, sondern eine Handlung mit Stil und wahrer Ausdruck persönlicher Wertschätzung.
In den arabischen Staaten verhält es sich ganz anders. Die Belegschaft in westlich aufbereiteten Lokalitäten oder Unterkünften ist gewohnt, Trinkgelder zu erhalten und nimmt es gerne an.
Ganz anders verhält es sich bei solchen Dienstleistern, die auch der vergleichsweise armen Bevölkerung dienen – es kann als üblich betrachtet werden, als Ausländer bereits einen gewissen Aufschlag zu bezahlen. Insofern wäre die Gabe von Trinkgeld überflüssig – der schon grundsätzlich höhere Betrag kann durchaus in einem Vielfachen bestehen.
Betteln ohne Gegenleistung ist in arabischen Staaten eigentlich verpönt. Traditionell aber entwickelte sich ein kleines Aufgebot solcher Menschen rund um Tourismusstätten, die für „Trinkgelder“ diverse Dienste, wie Koffertragen, anbieten. Diese Praxis ist absolut in Ordnung und eine Chance für arme Menschen.
Es gibt aber mittlerweile doch auch solche, die versuchen, auf unredliche Weise Zuwendungen zu erhalten. Hier liegt es am Sponsor, zu differenzieren. Wer bereit ist, „Bakschisch-Dienste“ zu leisten, sollte auch honoriert werden, auch wenn es kein Muss darstellt. Es muss nur jedes Mal aufs Neue differenziert werden.
Bei Schiffsreisen ist es durchaus üblich, Trinkgelder zwischen 10 und 20 Prozent anzubieten. Beim Flugpersonal ist es jedoch ganz anders. Dort steht eine gewisse „Gastgeber-Mentalität“ im Vordergrund, so dass dem Personal teilweise sogar die Annahme verboten ist. Trinkgeld ist weder üblich, noch erwünscht.
Es gibt auch einen kleinen Ausnahmekatalog mit „Verboten“, also wo die Gabe von Trinkgeld ein stilistisches No-Go im Verhaltenskodex einnimmt. Diese werden exemplarisch zusammengefasst:
Eigentlich kann man keine spezifischen Regeln für Deutschland hervorheben. Man kann und soll aber im Umfeld einer feinen Gesellschaft achtgeben, um bei der Trinkgeldgabe nicht peinlich oder unbeholfen zu wirken. Dazu sollte man wissen:
Mit der Zehn-Prozent-Regel von der Gesamtsumme liegt man eigentlich schon im oberen Feld. Auch bei 5 Prozent kann man nicht mehr von Knausrigkeit sprechen, es fiele aber möglicherweise schon ins Auge des Beobachters und könnte den Eindruck einer eingeschränkten Finanzlage erwecken. Das hängt aber auch von der konkreten Situation ab – mit 10 Prozent liegt man in Deutschland jedenfalls auf der sicheren Seite.
Man sollte auch das Verlassen des Lokals mit Lob verfeinern, sich aber zuvor eine Formulierung suchen um nicht überschwänglich oder unsicher zu wirken. Bei Unzufriedenheit sollte man sachlich darauf hinweisen, unabhängig davon, ob man dennoch Trinkgeld gibt oder nicht. Auch die Anwesenden sollten in diesem Fall erkennen können, warum die Bedienung hier benachteiligt wurde.
In besonders gehobenen Hotels legt man sich 2- 5 Euro für jeden Lieferservice ins Zimmer bereit. Beim Transport der Gepäckstücke, also bei der Ankunft als auch bei der Abfahrt, sollte man pro Stück Gepäck 2 Euro einplanen. Darüber hinaus sollte man immer mehrere Münzen bis zu Zehn-Euro-Scheinen parat halten: Es ist durchaus möglich, dass ein Hotelbediensteter etwa Eintrittskarten organisieren muss oder sonstige unterstützende Dienste leistet. Für diesen Fall sollte man immer etwas Kleingeld bei sich tragen.