Rolf Albig aus Stuttgart ist ein mitfühlender Mensch. So setzt er sich mit seiner Unterschrift unter einer Onlinepetition „aus tierrechtlichen Gründen“ dafür ein, dass dem Ponykarussell auf der Fürther Michaeliskirchweih künftig keine Platzzulassung mehr erteilt wird, denn „Lärm, laute Musik und Menschenmassen verursachen extremen bei den Tieren psychischen Stress, ständiges, monotones Im-Kreis-Laufen führt zu Schäden an Wirbelsäule, Gelenken und Bändern… .“
Doch Albig kann auch anders – zumindest dann, wenn es nicht um Karussell-Ponys geht, sondern um Menschen. Dann lautet seine Forderung auch schon mal „Erschießen“.
Auch Walter Zipf war der Meinung „Die gehören erschossen“, und Michael Goldschadt aus Hohenstein-Ernstthal verlangt “das pack gleich ertränken diese dreckschweine“. Geäußert hatten sie die Mordaufrufe auf der rechtsextremen Facebookseite „Widerstand Bautzen“.
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Auslöser war ein Foto aus dem Berliner Strandbad Weißensee. Gepostet wurde es von einem Weißenseer namens Gregor Stein.“Keine 10 Minuten im Wasser…
Paarungswillige “Flüchtlings?”-Meute bildet Willkommenskulturring um kleines deutsches Mädchen (höchstens 10 Jahre alt) und fangen an zu grabbeln, bevor unsere Herrenrunde lautstark eingreifen musste…”
Kein “Ring”, kein “grabbeln” (Zum Vergrößern anklicken)
Wenn von all dem auch nichts zu sehen ist (auch kein „Ring“, der Weg des Mädchens ist nach vorn frei) und der angebliche Vorfall von niemand bestätigt wurde, für den losgelassenen Mob war das – ganz im Sinne des Erfinders der „Nachricht“ – ein gefundenes Fressen. Binnen kurzer Zeit war der Beitrag über 9.000 Mal geteilt und wurde auf unzähligen braunen Hass-Seiten wie eben „Widerstand Bautzen“ veröffentlicht.Dass jener Gregor Stein kein unbeschriebenes Blatt ist, hat „Vice“-Redakteur Stefan Lauer im Rahmen einer Analyse des Stein-Postings beschrieben:
Stein gehört zum Pegida-Umfeld (…) Ansonsten gehört Stein auch zu „Endgame”, einer relativ abstrusen Gruppe (Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas), die aus den Trümmern der Montagsmahnwache und unter Pegida-Einflüssen entstanden ist.
Steins persönliches Facebook-Profil ist dann auch dementsprechend unangenehm. Antifeministische Comics, auf denen zu sehen ist, dass „hässliche” Frauen (Feministinnen), eigentlich nur Familien zerstören wollen. Fotos von der „Wahlalternative 2017″, einer neuen Partei, die von ehemaligen AfD-Mitgliedern gegründet worden sein soll, denen die Mutterpartei zu links war und die Anja Reschke für ihren Flüchtlingskommentar kritisieren. Geteilte Beiträge der rechtsextremen „Identitären Bewegung”, Videos von Ken Jebsen und ein Menge „asylkritischer” Beiträge, die dem gleichen Muster folgen wie Steins Post vom Badesee.
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Steins Fremdenhass erschöpft sich jedoch nicht nur in der Hetze gegen Flüchtlinge. So war auf der Seite „Fuck the EU“ ein Posting von ihm zu finden, in dem er den niederländische Rechtsaußen Geert Wilders als „ein Zionist und damit ein Wolf im Schafspelz“ bezeichnet.Die Betreiber des Facebook-Accounts “Friedensdemo Watch” haben darüber hinaus eine ganze Reihe von Seiten und Beiträgen dokumentiert, die Gregor Stein auf seiner Facebookseite geteilt und sich damit deren Inhalt zu eigen gemacht hatte. So zum Beispiel einen Artikel mit dem Untertitel „Die Holocaust-Lüge fliegt weltweit in die Luft.“
Viele dieser Links sind auf Steins Seite mittlerweile nicht mehr zu finden – offenbar wurden sie gelöscht, um einer möglichen Strafverfolgung zuvor zu kommen.
Auch der Hetzbeitrag vom Weißen See wurde vom Netz genommen, stattdessen veröffentlichte Stein einen Rechtsfertigungstext, in dem er sich als Opfer von „Diffamierungen“ darstellte. Besonders lustig: im gleichen Atemzug aber zugeben musste, dass ihm die Polizei nahegelegt habe, den Beitrag zu löschen.
Das war – wenn es denn den Tatsachen entspricht – überaus freundlich von der Polizei. Denn eigentlich dürfte es sich bei den unverpixelt veröffentlichten Fotos nicht nur um eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Abgelichteten handeln, sondern im Zusammenhang mit der durch nichts belegten Zuschreibung von Straftaten auch eine kriminelle Handlung darstellen.
Zum Beispiel „Üble Nachrede“ (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB)
Doch die Täter solcher Rufmorde sind offenbar – und nicht ganz unbegründet – der Ansicht, dass die von Ihnen Rufgeschädigten nicht in der Lage sind, ihre Rechte durchzusetzen, und deshalb als Freiwild zu behandel sind.
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Das scheint auch Jürgen Elsässer (“Compact”-Magazin) so zu sehen, der die Fotos gleich zweimal auf seiner Facebook- Seite online stellte.Einst Mitglied des „Kommunistischen Bundes“, später führend bei den linken Publikationen „Junge Welt“ und „jungle world“ tätig, bewegt sich Elsässer mittlerweile auf Augenhöhe mit der NPD.
Auf seiner persönlichen Facebookseite stellte er die Fotos unter die Titelzeile „Zum Asylrecht gehört NICHT die sexuelle Belästigung von Kindern“ und unterstellt damit noch viel deutlicher als Stein den unverpixelt Dargestellten eine Straftat, die es nicht gibt.
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Wenn gegen Flüchtlinge gehetzt wird, darf neben der Pankower NPD – die sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen ließ – auch die Facebook-Gruppe “Du kommst aus Pankow, wenn…” von Falk Kretschmann und Nick Kempka nicht fehlen.Offenbar kein Deutscher: Christopher Schultrich
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Die Wirkung aber war wie offenbar erhofft. Schnell waren über 350 Kommentare erreicht und fast alle wollten auf den illegal eingestellten Bildern etwas gesehen haben, was auch beim schlechtesten Willen nicht zu erkennen war. Wer den xenophoben Phantasmen nicht folgen wollte, wurde angepöbelt.
Schließlich sprach der “Admin” der Gruppe, Pegida-Anhänger Falk Kretschmann, ein Machtwort sprach und die beiden „Störenfriede“ aus der Gruppe warf.
Die Begründung
“…ich hoffe die Diskussion wo es nichts zu diskutieren gibt ist beendet… sonst wird der gesammte Post gelöscht… das ist aber nicht im Sinne des Autors..
.“
Eben, wär doch schade um den schönen Hetzbeitrag.