Christiane Stella Bongertz

WESTSKÅNE FÜR ANFÄNGER. TEIL 1: HELSINGBORGS STRANDPERLEN


Wie Ihr wisst, leben wir in Helsingborg, in Schwedens südlichster Provinz Skåne. Es gibt Leute, die finden Skåne nicht so richtig schwedisch, weil es zwischendurch mal zu Dänemark gehört hat, man relativ sicher vor Autounfällen mit Elchbeteiligung ist, es außer roten Holzhäusern noch andere Gebäude gibt und die Vegetation deutlich variationsreicher daherkommt als Nadelbaum an Birke. Anhängern dieser Logik empfehle ich mal einen Blick auf die europäische Geschichte. Da gibt es dann nämlich alles mögliche, was „nicht so richtig irgendwas“ ist, was übrigens auch sämtlichen Nationalismus ad absurdum führt. Wer nun deswegen immer nur durch Skåne hindurchfährt, um ins vermeintlich „richtige“ Schweden zu gelangen, dem sei gesagt, dass die dort, im „richtigen“ Schweden, Lebenden – also irgendwo im Norden – gerne ihre Ferien im „unrichtigen“ Süden verbringen: in Skåne. Und das hat Gründe. Hiermit beginne ich darum feierlich die Blog-Serie: Westskåne für Anfänger.


Strand an Volleyballnetz, einsam
Fangen wir der Einfachheit halber mal mit Helsingborg und dort mit unserer nächsten Umgebung an. Wir leben im Stadtteil Tågaborg, das liegt im Nordwesten der Stadt, ziemlich nah am Strand. Der allein ist schon mal ein Spitzengrund, Helsingborg aufzusuchen. Wenn alle Schweden Ferien haben, also im Juli, ist der auch schon mal voll – allerdings nie so vollgepfropft wie ich das von deutschen Badeseen kenne. Ab Mitte August, wenn Schule und Uni wieder beginnen, hat man hier fast immer den ganzen Strand für sich – mit feinem Sand, Volleyballnetzen und bryggor, wie man die Badestege nennt, von denen aus viele Schweden ihren täglichen dopp machen.

Das machen wir natürlich auch. J. hat sich in diesem Jahr bisher meistens „nur“ gedoppt, ist also kurz untergetaucht und dann wieder an Land gestiegen, weil ihm das Wasser noch zu kalt war. Ich aber bin die vergangenen Wochen fast jeden Tag im glasklaren Wasser des Öresunds geschwommen. Einen halben Kilometer oder mehr. Allerdings ziehen wir es vor, vom Holzdeck an der Strandpromenade vor der großen öffentlichen Wiese Gröningen – die übrigens in diesem Jahr sehr gelungen neu angelegt wurde und freien W-LAN-Zugang bietet – über die langen Treppen ins Wasser zu steigen.


Hach, ist der Rasen schön grün!:
Gröningen – "das Grüne" mit dem Spielplatz.
Die Wiese dehnt sich links noch deutlich weiter
aus. Sie wurde in diesem Jahr komplett neu angelegt
und der Grund darunter, früher mal eine Güterzuganlage,
vollständig entgiftet.

Unser Swimmingpool.
Hinten rechts im Bild: Kallis.
Hier gibt es nämlich weniger Algen und Seegras als am Strand. Ich vermute, weil das Zeug an den Wellenbrechern vor Kallis hängen bleibt bzw. zurück ins offenere Meer verwirbelt wird. Kallis ist ein Kallbadhus, wörtlich übersetzt also ein "Kaltbadehaus". Es handelt sich dabei um eine öffentliche Sauna, nach deren Benutzung man sich im Meer abkühlt (von meinen, also Stellas, Abenteuern als ich zum ersten Mal eine schwedische Sauna betrete, können Interessierte übrigens hier erfahren). Ganz anders als in anderen schwedischen Saunen hat Kallis sogar einen Familientag, an dem Männlein und Weiblein nicht nur gemeinsam, sondern auch in Beleitung ihrer Kinder saunieren können. Das wird natürlich spätestens im Herbst von uns ausprobiert – Bericht folgt dann. Im Moment ist mir eine Sauna allerdings deutlich zu hoch temperiert. Das kühle Wasser des Öresunds kommt mir bei der Wärme der vergangenen Wochen gerade recht und die Möglichkeit, etwas für meine Ausdauer zu tun, ohne einen Kreislaufkollaps zu riskieren. Man kann parallel zur Strandpromenade wunderbar Bahnen ziehen, ohne die geringste Gefahr zu laufen in die Strömungen zu geraten, die weiter draußen leider das Baden mitunter gefährlich werden lassen.

Direkt neben Kallis liegt nicht nur eine sehr schöne Minigolfbahn, sondern auch das Sillen & Makrillen – übersetzt heißt das „der Hering und die Makrele“ – ein Restaurant, in dem nicht nur die Aussicht, sondern auch das Essen ziemlich gut ist. Neuerdings wird es sogar in Schwedens Gourmetführer White Guide empfohlen.


Fischig-Köstliches im Sillen & Makrillen.
Links: Röding (Saibling) auf Dillkartoffeln mit Spinat
Mitte: Garnelen mit Brot aus Eigenproduktion
Rechts: Matjessill auf dunklem Brot
Zwar ist das Vergnügen nicht ganz billig, aber schon die Aussicht durch die Panoramafenster ist ein Erlebnis. Außerdem hat Sillen & Makrillen ganzjährig geöffnet, was leider für einen anderen Liebling von uns, das etwas günstigere und familiärere Barfota by the beach, das direkt auf dem Strand liegt, nicht gilt. Wer nicht so viel Geld hat oder ausgeben möchte, der genießt eben abends ein Bier auf der Terrasse des Lokals – wobei das Bier in Schweden natürlich auch *etwas* teurer ist als man das aus Deutschland gewohnt ist. Aber so ein süffiges Mellerud * im Mondenschein, während man die vorbeiziehenden Schiffe betrachtet – das hat schon was.

* Nein, ich kriege keine Prozente von denen, das ist wirklich mein schwedisches Lieblingsbier, das man allerdings nicht überall bekommt.


Sonnenuntergang vom Sillen & Makrillen aus gesehen
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